TNr. 40 Spielbanküberwachung

In den Bayerischen Spielbanken sind Arbeitsweise, Personalausstattung und Präsenzpflicht des Spielbankaufsichtsdiensts trotz enorm verbesserter technischer Überwachungsmöglichkeiten und fortschreitender Digitalisierung nahezu unverändert.
Der ORH empfiehlt, die digitalen Überwachungsmöglichkeiten stärker zu nutzen und so gleichzeitig den Personalbedarf anzupassen.
Der ORH hat 2022/2023 die Spielbanküberwachung geprüft. Schwerpunkt der Prüfung war die Tätigkeit des Spielbankaufsichtsdiensts. Prüfungsmaßstab waren Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.
40.1 Ausgangslage
Die Staatliche Lotterie- und Spielbankverwaltung (SLSV) betreibt im Freistaat neun Spielbanken.[1] Deren Spielangebot umfasst das Große Spiel, d.h. Tischspiele wie Roulette und Blackjack, und das Kleine Spiel (Automatenspiel).
Die Aufsicht über die SLSV obliegt dem Finanzministerium. Ausgenommen davon ist die Rechtsaufsicht über die Bayerischen Spielbanken. Diese übt das Innenministerium aus. Als Spielbankenaufsicht hat das Innenministerium den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor Gefahren, die vom Spielbankbetrieb ausgehen, zu gewährleisten und den ordnungsgemäßen Spielablauf sicherzustellen. Hierzu bedient sich das Innenministerium des Spielbankaufsichtsdiensts.
40.2 Feststellungen
40.2.1 Aufgaben des Spielbankaufsichtsdiensts
Die Beamten des Spielbankaufsichtsdiensts führen die Aufsicht vor Ort in den einzelnen Spielbanken. Da der Spielbankaufsichtsdienst fachlich dem Innenministerium untersteht, ist gewährleistet, dass dieser in seinen Entscheidungen von der SLSV bzw. vom Spielbankpersonal unabhängig ist. Der Stellenplan für den Aufsichtsdienst wies im Haushaltsplan 2023 ein Soll von 63,92 Stellen aus.[2] Im August 2024 waren 54 Personen im Spielbankaufsichtsdienst beschäftigt. Grund für die Differenz waren Personalgewinnungsschwierigkeiten. Bis 2032 werden voraussichtlich 20 Aufsichtsbeamte in den Ruhestand treten.
Nach der Spielbankordnung darf mit dem Spielbetrieb nur begonnen werden, wenn ein Aufsichtsbeamter anwesend ist. Mittels eines 2-Schichtsystems wird gewährleistet, dass während der gesamten Öffnungszeiten mindestens ein Aufsichtsbeamter vor Ort ist. Die Öffnungszeiten variieren nach Standort und Wochentag. In den meisten Spielbanken öffnet das Kleine Spiel um 12:00 Uhr, das Große Spiel ab 16:00 Uhr. Die Hauptspielzeit im Großen Spiel beginnt frühestens ab 19:30 Uhr; zuvor kommen maximal 25% der Besucher. Die Spielbanken schließen zwischen 2:00 und 3:00 Uhr.
Aufgabe der Aufsichtsbeamten ist es zum einen, sicherzustellen, dass die für den Spielbankbetrieb geltenden Regelungen eingehalten werden (z.B. Anzahl der Automaten und Spieltische, Öffnungstage und -zeiten, Spielverbote). Zum anderen überwachen die Beamten den Spielbetrieb mit dem Ziel, Manipulationen und Betrug zu verhindern bzw. aufzudecken.
Im Kleinen Spiel überwachen die Aufsichtsbeamten ganz überwiegend Auszahlungen: Zahlt ein Angestellter der Spielbank Guthaben bzw. Gewinne ab 250 € aus, muss ein Aufsichtsbeamter oder ein Beauftragter der Spielbank (i.d.R. der Saalchef) die Auszahlung überwachen. Die Betragsgrenze von 250 € ist seit mehr als 20 Jahren nicht mehr angepasst worden. Auszahlungen über 2.000 € müssen von einem Aufsichtsbeamten und einem Beauftragten überwacht werden. Der für die Auszahlung erforderliche Bargeldbetrag wird dem Auszahlterminal automatisch systemseitig mitgeteilt und dem Angestellten der Spielbank maschinell ausgezahlt. Je nach Spielbank fallen täglich durchschnittlich 50 bis 350 Auszahlungsvorgänge an. Jede dieser Auszahlungen erfordert einen Zeitaufwand von jeweils 3 bis 5 Minuten.
Im Großen Spiel überprüft ein Aufsichtsbeamter bei Eröffnung und nach Schließung eines Spieltisches den Bestand der Spielmarken. Bei Kartenspielen prüft ein Beamter vor Spielbeginn bzw. nach Spielende die Vollständigkeit und den einwandfreien Zustand der Spielkarten. Außerdem überwachen die Aufsichtsbeamten das Öffnen und Schließen von Geldbehältnissen sowie deren Leerung und die Ermittlung der Tageseinnahmen.
Die Aufsichtsbeamten haben in den letzten zehn Jahren keine Manipulation und keinen Betrug festgestellt.
40.2.2 Entwicklung des Spielbetriebs und Digitalisierung der Überwachung
Die Bayerischen Spielbanken verfügen über Videoüberwachungssysteme mit über 900 Kameras. Durch eine zeitlich lückenlose Überwachung (24 Stunden an sieben Tagen in der Woche) können Manipulationsversuche auch außerhalb der Öffnungszeiten nachvollzogen werden.
Im Kleinen Spiel haben elektronische Spielautomaten mechanische Automaten abgelöst. Anstatt mit Bargeld kann am Automaten ausschließlich mit einer PIN-geschützten Chipkarte gespielt werden. Einsätze und Gewinne werden beim Spielen automatisch ab- bzw. aufgebucht. Ferner ermöglichen die elektronischen Spielautomaten umfangreiche Überwachungs- und Auswertungsmöglichkeiten (z.B. Geldbestand, Statistikberichte, Fehleranalysen).
Auch im Großen Spiel kommt vermehrt moderne Technik zum Einsatz, um u.a. Betrug und Manipulation zu verhindern. So wird etwa beim Roulette der Kessel auf mehrere Weisen überwacht. Sortiermaschinen für die Spielmarken vereinfachen den Arbeitsablauf an den Roulette-Tischen. Bei Kartenspielen kommen Karten-Mischmaschinen zum Einsatz, denen nach jedem Spiel die gespielten Karten wieder zugeführt werden; somit ist ein Kartenzählen durch den Spielgast nicht mehr möglich.
Der Inhalt aller Geldbehälter im Kleinen und Großen Spiel wird mit Zählmaschinen gezählt und das Ergebnis elektronisch erfasst. Jede Zählung wird zudem per Video überwacht bzw. aufgezeichnet.
40.3 Würdigung und Empfehlungen
Die Entwicklungen im Spielbetrieb und bei den Überwachungsmaßnahmen haben das Manipulations- und Betrugsrisiko aus Sicht des ORH deutlich verringert. Dennoch ist die Begleitung des Spielbankpersonals zur Überwachung der Auszahlungsvorgänge im Kleinen Spiel weiterhin die Haupttätigkeit der Aufsichtsbeamten. Diese Vorgänge sind äußerst personal- und zeitintensiv, obwohl der Auszahlungsbetrag maschinell errechnet und ausgezahlt wird. Eine Anhebung der Auszahlungsgrenze von 250 auf 500 € würde rein rechnerisch die überwachungspflichtigen Auszahlungen je nach Spielbank um 20 bis 40% reduzieren. Der Aufwand würde sich noch weiter reduzieren, wenn bei Gewinnauszahlungen ab 2.000 € weniger als drei Personen beteiligt sein müssten.
Daneben erscheint eine vollumfängliche Überwachung von Automatenleerung und Geldzählung nicht mehr zeitgemäß; denn durch die Überwachungs- und Auswertemöglichkeiten liegen systemseitig umfassende Daten vor.
Auch die Rahmenbedingungen im Großen Spiel haben sich durch die technischen und organisatorischen Fortschritte bei den Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen verändert. Auf die Präsenzpflicht und Arbeitsweise des Aufsichtsbeamten sowie den Personaleinsatz hatte dies (nahezu) keine Auswirkungen. So darf ein Spieltisch weiterhin erst eröffnet werden, nachdem ein Aufsichtsbeamter den Anfangsbestand der Spielmarken überprüft hat. Dabei hat er diesen Bestand bereits bei der Gewinnermittlung wenige Stunden zuvor nach der Tischschließung festgestellt. Die Hauptspielzeiten werden gleichermaßen wie die Randspielzeiten überwacht, obwohl vor 19:30 Uhr maximal 25% der Besucher eines Tages kommen. Auch hier könnten die Möglichkeiten der Videoüberwachung verstärkt genutzt werden. So wäre eine zentrale Überwachung der Randspielzeit in Echtzeit oder nachgelagert per Video weniger personalintensiv und könnte auf den unterschiedlichen Umfang des Spielbetriebs der neun Spielbanken passgenauer gestaltet werden. Ergänzend könnten anlassunabhängige Stichproben in Präsenz durchgeführt werden, damit die Überwachung u.a. weiterhin sichtbar ist.
Durch eine Umstellung vom Zwei-Schichtsystem auf ein Ein-Schichtsystem könnte die aktuelle Zahl von 54 Beschäftigten deutlich reduziert und so den Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung entgegengewirkt werden. Mit dem Wegfall der Wechselschichten durch nachgelagerte, stichprobenartige Prüfungen des Kleinen Spiels und eine Verminderung der Abend- und Feiertagsarbeit durch eine Neuorganisation der Prüfung der Randspielzeiten des Großen Spiels könnte die Attraktivität des Arbeitsplatzes gesteigert werden. Auch vor dem Hintergrund der anstehenden zahlreichen altersbedingten Abgänge wäre nach Auffassung des ORH jetzt der geeignete Zeitpunkt, einen Systemwechsel einzuleiten.
40.4 Stellungnahme der Verwaltung
Das Innen- und Finanzministerium sind der Ansicht, dass im Kleinen Spiel eine wirksame Aufsicht auch durch eine im Schwerpunkt technische Überwachung gewährleistet werden könne, bei der nur noch nachgelagerte stichprobenartige Prüfungen durch einen Aufsichtsbeamten erfolgen und auf eine permanente Präsenz von Beschäftigten des Spielbankaufsichtsdiensts verzichtet werde.
Bei einer geeigneten nachgelagerten Überwachung von Auszahlungen im Kleinen Spiel werde zukünftig auf eine persönliche Überwachung von Auszahlungen durch Aufsichtsbeamte verzichtet. Die Kontrolle werde durch die Spielbankaufsicht im Nachgang erfolgen. Inwieweit die SLSV Betragsgrenzen bei Auszahlungen und für deren Überwachung zusätzliches eigenes Personal für erforderlich halte, entscheide diese künftig nach eigenen Kriterien.
Insgesamt ergebe sich bei der Umsetzung der Neustrukturierung eine Reduzierung des Personalstands von 54 auf 47. Dieser Personalstand werde durch Pensionierungen ohne Ersatzeinstellungen bis voraussichtlich Ende 2025 erreicht. Den Personaleinsparungen stünden Kosten für die technische Aufrüstung der bestehenden Videoanlage gegenüber. Diese sei Voraussetzung für eine stärker auf Videoüberwachung gestützte Aufsicht. Die Verwaltung rechne damit, dass sich angesichts der Personaleinsparungen die Kosten für die technische Aufrüstung nach vier Jahren amortisieren.
Ein Ein-Schichtsystem lasse sich nur durch eine zentrale Überwachung in Echtzeit oder nachgelagert per Video der Randspielzeiten umsetzen. Dies werde abgelehnt, da im Großen Spiel die Videoüberwachung und -auswertung aus Sicherheitsgründen nicht gleichermaßen genutzt werden wie im Kleinen Spiel: Anders als an den Automaten im Kleinen Spiel erfolge am Roulette- und Kartentisch im Großen Spiel keine technische Datenerfassung. Eine im Schwerpunkt aus der Auswertung von tonlosen Videoaufzeichnungen bestehende Tätigkeit würde das Sicherheitsniveau unvertretbar senken und überdies das Berufsbild des Aufsichtsbeamten unattraktiv machen. Hinweise ergäben sich vor allem durch Wahrnehmungen der Aufsichtsbeamten zum Spielverhalten. Auch würden mündliche Äußerungen oder Blickkontakte von einer Videoaufzeichnung nicht bzw. nicht hinreichend erfasst.
40.5 Schlussbemerkung
Trotz enorm verbesserter technischer Überwachungsmöglichkeiten und fortschreitender Digitalisierung in den Bayerischen Spielbanken sind Arbeitsweise, Personalausstattung und Präsenzpflicht des Spielbankaufsichtsdiensts nahezu unverändert.
Die von der Verwaltung angekündigten Maßnahmen im Kleinen Spiel sind ein erster Schritt. Gleichzeitig sollte die SLSV die seit 20 Jahren unveränderte Betragsgrenze bei Auszahlungsvorgängen spürbar anheben und prüfen, ob der Vorgang weniger personalintensiv durchgeführt werden kann; zumal auch nach Auffassung des Innenministeriums im Kleinen Spiel eine nachgelagerte Kontrolle ausreichend ist.
Weitere Maßnahmen im Großen Spiel sollten folgen. Die Aufsichtsbeamten können den Spielbetrieb bereits heute nicht lückenlos überwachen. Eine verstärkte Videoüberwachung könnte sogar das Entdeckungsrisiko unerlaubter Handlungen und damit die präventive Wirkung erhöhen, denn weder die Besucher noch die Spielbankangestellten wüssten, wann und wie sie kontrolliert würden. Dadurch könnte die angespannte Personalsituation deutlich verbessert werden.
Die Spielbankaufsicht sollte Möglichkeiten der fortschreitenden Digitalisierung und gegebenenfalls der Künstlichen Intelligenz nutzen. Der ORH empfiehlt, im Großen wie auch im Kleinen Spiel die digitalen Überwachungsmöglichkeiten stärker einzusetzen und so gleichzeitig den Personalbedarf anzupassen.
[1] Bad Füssing, Bad Kissingen, Bad Kötzting, Bad Reichenhall, Bad Steben, Bad Wiessee, Feuchtwangen, Garmisch-Partenkirchen und Lindau.
[2] Kap. 13 05 Tit. 422 46; gleiche Stellenanzahl im Doppelhaushalt 2024/2025.