TNr. 42 Umsetzung des Bayerischen Streuobstpakts

Mit dem 2021 geschlossenen Streuobstpakt sollen der aktuelle Bestand gesichert und bis 2035 eine Million zusätzliche Streuobstbäume gepflanzt werden. Die Förderung der Pflanzung, der Pflege und des Erhalts von Streuobstbäumen hat bis 2035 ein Volumen von 670 Mio. €. Dazu gibt es mittlerweile vier verschiedene Förderprogramme.
Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung empfiehlt der ORH, die unter-schiedlichen Förderprogramme und Zuständigkeiten grundlegend zu vereinheitlichen und bürokratische Hürden abzubauen.
Der ORH hat 2023 zusammen mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Augsburg und Würzburg die Umsetzung des Bayerischen Streuobstpakts geprüft. Zuständig sind dafür das Landwirtschafts- und das Umweltministerium. Schwerpunkte der Prüfung waren die ordnungsgemäße Verwendung sowie der effektive und effiziente Einsatz der Haushaltsmittel mit Blick auf die Ziele des Streuobstpakts.
42.1 Ausgangslage
Streuobst sind hochstämmige Obstbäume, die u.a. als Einzelbäume oder kleine Baumgruppen gepflanzt werden. Extensiv bewirtschaftete Streuobstbestände gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa.
In Bayern wurde 2018 und 2019 das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen“ durchgeführt. Dessen gesetzliche Umsetzung beinhaltete u.a. auch Regelungen für einen besseren Schutz von Streuobstflächen.
Im April 2021 fand auf Initiative der Staatskanzlei ein „Runder Tisch Streuobst“ statt, an dem u.a. Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände teilnahmen. Dabei war man sich grundsätzlich einig, dass der derzeitige Streuobstbestand in Bayern erhalten werden sollte. Zusätzlich sollten bis 2035 eine Million Streuobstbäume neu gepflanzt werden.
Im Juli 2021 beauftragte das Kabinett das Landwirtschafts- und das Umweltministerium, die Ergebnisse des „Runden Tisches Streuobst“ umzusetzen. Dies sollte mit einem „Bayerischen Streuobstpakt“ erfolgen, der alle Maßnahmen zum Erhalt und zur Neuanlage von Streuobstwiesen bündelt.
Am 18.10.2021 unterzeichnete die Staatsregierung mit den betroffenen Verbänden[1] den Bayerischen Streuobstpakt.[2] Landwirtschafts- und Umweltministerium starteten die praktische Umsetzung im Mai 2022. Die beiden Ressorts gehen davon aus, dass 2022 bis 2035 für den Streuobstpakt 670 Mio. € benötigt werden. Dies entspricht durchschnittlich 48 Mio. € jährlich. Unter Berücksichtigung der Mittel von EU und Bund muss der Freistaat pro Jahr 26 Mio. € aufwenden, d.h. insgesamt 364 Mio. €.
Laut Streuobstpakt wurden in der letzten landesweiten Obstbaumzählung 1965 in Bayern 20 Mio. Streuobstbäume erfasst. 2021 schätzte die Verwaltung den Streuobstbestand in Bayern auf unter 6 Mio. Bäume.
42.2 Feststellungen
42.2.1 Ziele und Planung zur Zielerreichung
Laut Streuobstpakt will die Staatsregierung den Streuobstbestand erhalten. Um die im Streuobstpakt bezifferten jährlichen Verluste von 100.000 Bäumen zu kompensieren, müssten bis 2035 rechnerisch 1,4 Mio. Streuobstbäume gepflanzt werden.[3] Außerdem soll der Bestand um 1 Mio. zusätzliche Bäume vergrößert werden. Daraus ergäbe sich ein Bedarf von 2,4 Mio. neuen Bäumen bis 2035.
Nach dem „Runden Tisch Streuobst“ vom April 2021 setzten das Landwirtschafts- und das Umweltministerium eine Arbeitsgruppe ein. Diese fasste im Juli 2021 ein jährliches Ziel von 150.000 Pflanzungen bis 2035 ins Auge, davon 100.000 Neu- und 50.000 Ersatzpflanzungen.
Streuobstbäume müssen in Baumschulen herangezogen werden. Um die Kapazitäten der Baumschulen zu berücksichtigen, ist der BdB am Streuobstpakt beteiligt. Der BdB legte im Juni 2021 ein Konzept für die Anzucht von Streuobstbäumen für Bayern vor und ging von einer Produktion von 30.000 Bäumen in 2021 aus. Das Konzept zeigte anhand einer „möglichen Zeitachse“ auf, wie die bayerischen Produzenten die Lieferkapazitäten ausbauen könnten. Ab 2026 sollen jährlich 110.000 Obstbäume zur Verfügung stehen. Weitere Bäume könnten nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums aus anderen Bundesländern oder anderen Staaten beschafft werden.
Der ORH hat den ersten Zwischenstand zur Umsetzung des Streuobstpakts zum Ende des dritten Quartals 2024 ausgewertet: Um das Ziel bis 2035 erreichen zu können, müssen noch weitere 2,2 Mio. Bäume hinzukommen. Der ORH berücksichtigte dabei die im Streuobstpakt genannten jährlichen Verluste an Bäumen. Außerdem unterstellte er, dass alle Bäume, für die von 2022 bis zum Ende des dritten Quartals 2024 eine Förderung beantragt wurde, tatsächlich noch gepflanzt werden. Für die verbleibenden gut elf Jahre bedeutet das also jährlich durchschnittlich 200.000 neue Bäume.[4]
Laut dem Deutschen Verband für Landschaftspflege e.V. pflanzt man Streuobstbäume grundsätzlich nur in der Zeit zwischen Ende Oktober und März. Im Schnitt müssten also bis 2035 jedes Jahr bayernweit pro Arbeitstag dieser Pflanzsaison mehr als 1.400 Bäume gepflanzt werden.[5]
42.2.2 Staatliche Förderung für Pflanzung, Erhalt und Pflege von Streuobstbäumen
42.2.2.1 Vier Förderprogramme in zwei Ministerien
Bereits vor dem Streuobstpakt förderten sowohl das Landwirtschafts- als auch das Umweltministerium Streuobstbäume insbesondere über:
- das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP),
- das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) sowie
- die Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinien (LNPR)[6].
Zusätzlich hat das Landwirtschaftsministerium 2022 das Programm „Streuobst für alle!“ geschaffen.
Über ihre verschiedenen Programme fördern die beiden Ministerien die Pflanzung, den Erhalt und die Pflege der Bäume (vgl. Tabelle 66). Welches Förderprogramm einschlägig ist, richtet sich z.B. nach der Art der Fläche, auf der die Bäume stehen bzw. stehen sollen.

Soweit die Ministerien den Erhalt von Streuobstbäumen im Rahmen des KULAP und des VNP fördern, bekommt der Fördernehmer den Zuschuss dafür, dass er z.B. eine erschwerte Bewirtschaftung der Streuobstfläche in Kauf nimmt (Flächenförderung).
Die Förderung des Erhalts von Bäumen über das KULAP bzw. das VNP war bereits möglich, bevor die Staatsregierung im Oktober 2021 den Streuobstpakt geschlossen hatte. Dabei gab es folgende Entwicklungen:
- 2015 vereinheitlichten die Ministerien die Förderung von zuvor 5 € (KULAP) bzw. 6 € (VNP) auf 8 € je Baum. 2020 erhöhte das Umweltministerium im VNP die Förderung auf 12 €; das Landwirtschaftsministerium blieb im KULAP bei 8 €. Die Zahl der über das VNP geförderten Bäume stieg um 44.000 gegenüber 2019 auf 101.000. Zugleich sank die Zahl der über das KULAP geförderten Bäume um 39.000. 2023 zog das Landwirtschaftsministerium nach und erhöhte ebenfalls auf 12 €. Die Zahl der über das KULAP geförderten Bäume stieg wieder an.
- Das Landwirtschaftsministerium setzte die KULAP-Förderung zweimal aus: 2011 bis 2014 sowie 2016. Beispielsweise sank daher die Zahl der hierüber geförderten Bäume von 2010 bis 2014 um 17% auf 197.000. Mit Wiederaufnahme der KULAP-Förderung 2015 stieg die Zahl der dort geförderten Bäume auf 337.000.
42.2.2.2 Unterschiedliche Fördervoraussetzungen je nach Ressort
Die Vorgaben der Ministerien für die Förderung sind inhaltlich nicht deckungsgleich bzw. unterschiedlich detailliert. Dies betrifft sowohl die Pflanzung als auch den Erhalt und die Pflege von Streuobstbäumen.
Zuwendungen für die Pflanzung von Bäumen gibt es
- vom Landwirtschaftsministerium über „Streuobst für alle!“, wenn die neuen Bäume eine Stammhöhe von mindestens 140 cm haben. Dabei soll nach den Förderbestimmungen „im Regelfall“ eine Stammhöhe von 180 cm gegeben sein.
Das Landwirtschaftsministerium übernimmt mit dieser Förderung den Kaufpreis bis maximal 45 € pro Baum, darüber hinausgehende Kosten trägt der Fördernehmer.
- vom Umweltministerium über die LNPR, wenn die neuen Bäume eine Stammhöhe von mindestens 180 cm haben. Dabei werden auch niedrigere Bäume gefördert, falls diese Stammhöhe nachträglich durch sogenannte Aufastung hergestellt wird.
Das Umweltministerium gewährt diese Förderung als Pauschale, die verschiedene Elemente enthält. Solche Elemente sind z.B. die Pflanzkosten oder Verbissschutz für Pflanzungen auf Weideflächen. Je nachdem welche Elemente enthalten sind, reichen die Pauschalen von 150 bis 210 € pro Baum.
Zuwendungen für den Erhalt von Bäumen gibt es
- vom Landwirtschaftsministerium über das KULAP, wenn die Bäume eine Stammhöhe von mindestens 140 cm haben,
- vom Umweltministerium über das VNP, wenn die Bäume Stammhöhen von 160 oder 140 cm haben. In letzterem Fall müssen die Bäume auf einer als Biotop kartierten Fläche stehen und in 100 cm Höhe einen Stammumfang von mindestens 30 cm aufweisen.
Zuwendungen für die Pflege von Bäumen gibt es
- vom Landwirtschaftsministerium über das KULAP, wenn die Bäume eine Stammhöhe von mindestens 140 cm haben.
Diese Pflege-Förderung erfolgt dabei durch Pauschalen, deren Höhe vom Alter der Bäume abhängig ist. Sie reicht von 25 bis 120 € pro Baum.
- vom Umweltministerium über die LNPR ohne Vorgabe einer minimalen Stammhöhe.
Diese Pflege-Förderung erfolgt seit November 2022 ebenfalls über Pauschalen. Dabei unterscheidet das Umweltministerium drei Pflegeklassen. Die Klassen bestimmen sich u.a. nach dem Alter des Baums, dem aktuellen Zustand, dem Pflegeaufwand und der Kronengröße. Die Förderung reicht von 30 bis 150 € pro Baum.
Weitere Unterschiede betreffen z.B. die förderfähigen Baumarten. Beispielsweise erweiterte das Landwirtschaftsministerium 2023 den KULAP-Katalog der Baumarten, bei denen es den Erhalt der Bäume fördert. Es nahm dabei u.a. die Esskastanie und verschiedene Wildobstarten mit auf. Das Umweltministerium zahlt über das VNP keine Förderung für den Erhalt dieser Baumarten.
Außerdem ist bei der Förderung der Pflanzung die Mindestdauer, die ein Baum stehen bleiben muss, ohne dass die Fördermittel zurückgefordert werden, unterschiedlich lang. Sie beträgt beim Landwirtschaftsministerium zwölf[7] und beim Umweltministerium i.d.R. fünf[8] Jahre. In begründeten Ausnahmefällen können die Naturschutzbehörden diese Frist noch weiter verkürzen oder auch verlängern.
42.2.2.3 Zusätzliches Programm des Landwirtschaftsministeriums: „Streuobst für alle!“
Das Programm „Streuobst für alle!“ soll die bereits bestehende Förderung von Neupflanzungen ergänzen. Antragsteller können Vereine, Verbände oder Kommunen sein. Diese üben zugleich eine Bündelungsfunktion aus. Denn die Pflanzung der Streuobstbäume kann entweder auf Grundstücken des Antragstellers oder auf Grundstücken Dritter (im Folgenden: Baumempfänger) erfolgen. Die Baumempfänger erhalten hierfür die Bäume vom Antragsteller unentgeltlich.
Im Programm „Streuobst für alle!“ können je Antrag zwischen 10 und 100 Bäume mit je bis zu 45 € bezuschusst werden. Die Obergrenze von 100 Bäumen soll lt. Landwirtschaftsministerium einer breiten Streuung dienen. Damit sollen möglichst viele Antragsteller gefördert werden. Unabhängig von der Obergrenze ist es zulässig, dass dieselbe Organisation mehrere Förderanträge stellt.
Der ORH hat den Vollzug beispielhaft anhand von 14 Förderfällen[9] mit 77 Baumempfängern und 259 gepflanzten Bäumen geprüft:
- Teilweise fehlten in den Akten förderrelevante Unterlagen bzw. es lagen unvollständige Angaben vor. Beispielsweise fehlten die Bestätigungen der Baumschulen zu den Qualitätsanforderungen oder die genaue Angabe der Standorte der Pflanzungen.
- Bei 131 der 259 Bäume (51%) waren die Angaben zum Standort der Pflanzungen fehlerhaft.
- 129 der 259 Bäume (50%) erreichten nicht die vom Landwirtschaftsministerium geforderte Mindest-Stammhöhe.
- In 7 der 14 Förderfälle (50%) bestätigten die Baumschulen die erforderliche Mindest-Stammhöhe der Bäume, obwohl dies nicht zutraf.
- Für Vor-Ort-Kontrollen fehlten bisher Vorgaben des Landwirtschaftsministeriums, ob und wie die Behörden prüfen sollen, dass die Bäume tatsächlich wie beantragt gepflanzt worden sind.
Der ORH hat die bis zum 24.01.2024 bewilligten 1.312 Anträge für 73.000 Streuobstbäume ausgewertet:
- 210 Antragsteller (16%) stellten mehr als einen Antrag.
- 124 Antragsteller (10%) beantragten in der Summe mehr als 100 Bäume. Sie splitteten die Anträge unter Beachtung der Obergrenze auf. Beispielweise beantragte eine Organisation auf diese Weise innerhalb von zwei Tagen 85.500 € für 1.900 Streuobstbäume.
- 32.500 Bäume (45%) entfielen auf Antragsteller mit mehr als 100 Bäumen.
- Die zehn größten Antragsteller beantragten 10.500 Bäume (14%), für die insgesamt 470.000 € bewilligt wurden.
42.3 Würdigung und Empfehlungen
42.3.1 Ziele und Planung zur Zielerreichung
Aus Sicht des ORH zeigt sich bereits jetzt, dass die Ziele des Streuobstpakts sehr ambitioniert sind. Die Planungen sind außerdem teilweise widersprüchlich. So liegen die mit dem BdB abgestimmten Produktionsziele von jährlich 110.000 Bäumen (ab 2026) deutlich unter dem Ziel der Arbeitsgruppe „Streuobst“ (150.000 Bäume pro Jahr). Inwieweit das Angebot von Bäumen aus anderen Bundesländern bzw. Staaten die Lücken schließen kann, bleibt unklar.
42.3.2 Staatliche Förderung für Pflanzung, Erhalt und Pflege von Streuobstbäumen
Für den Erfolg des Streuobstpakts sind dauerhaft erhebliche Finanzmittel vorgesehen. Der ORH vermisst jedoch einen klaren Pfad bei der staatlichen Förderung, um die ambitionierten Ziele zu erreichen und einen effizienten Finanzmitteleinsatz sicherzustellen.
Die Vielfalt von inzwischen vier Förderprogrammen ist wenig zielführend. Es überzeugt insbesondere nicht, dass die dortigen Anforderungen an Pflanzung, Pflege und Erhalt der Bäume z.T. deutlich voneinander abweichen. Dies stellt vermeidbare bürokratische Hürden auf. Werden wesentliche Förderprogramme zeitweise ausgesetzt, beeinträchtigt auch dies die Zielerreichung. Es war außerdem nicht zweckdienlich, dass in der Vergangenheit die Förderungen im KULAP und im VNP teilweise unterschiedlich hoch waren.
Der Verwaltungsvollzug im neu eingeführten Förderprogramm „Streuobst für alle!“ zeigt zudem Defizite:
- Das Landwirtschaftsministerium sollte einheitliche Vorgaben zu Vor-Ort-Kontrollen durch die zuständigen Behörden entwickeln.
- Auf stichprobenartige bzw. risikoorientierte Prüfungen der Pflanzungen vor Ort kann nicht verzichtet werden. Ohne Überprüfungen lassen sich die hohen Qualitätsanforderungen des Landwirtschaftsministeriums an die Bäume nur schwer erreichen. Die breite Streuung der Baumempfänger, die mit „Streuobst für alle!“ erzielt werden soll, steigert zudem den Kontrollaufwand.
- Die Obergrenze von 100 Bäumen je Antrag ist zu hinterfragen. Da derselbe Antragsteller mehrere Anträge stellen kann, führt die Obergrenze letztlich nur zu unnötigem bürokratischen Aufwand.
Der ORH empfiehlt, wesentliche Vorgaben bei der Förderung von Pflanzungen und Pflege möglichst einheitlich zu regeln. Zudem sollten die Defizite beim Vollzug des Förderprogramms „Streuobst für alle!“ zeitnah angegangen werden.
42.4 Stellungnahme der Verwaltung
Die Ministerien betonen die beträchtlichen Erfolge des Streuobstpakts. Sie heben hervor, dass Konflikte im Zusammenhang mit dem Volksbegehren durch den umfassend kooperativen Ansatz des Streuobstpakts befriedet worden seien. Beleg sei z.B. die hohe Inanspruchnahme der Förderprogramme. Mit Blick auf das Programm „Streuobst für alle!“ verweist das Landwirtschaftsministerium darauf, dass damit mehr als 500 Kommunen und mehr als 450 Vereine motiviert worden seien, sich für die Pflanzung von Streuobstbäumen zu engagieren.
Zu den Planungen für die Zielerreichung erklären die Ministerien, dass die Maßnahmen der Flächenförderung sowie zur Pflanzung und Pflege von Streuobstbäumen geeignet seien, den Rückgang der Streuobstbestände im entsprechenden Umfang aufzuhalten. Die seit Unterzeichnung des Streuobstpakts zu verzeichnenden massiven Steigerungen bei den Maßnahmen der Flächenförderung (VNP, KULAP) und Streuobstpflege (LNPR, KULAP) seien dabei zu berücksichtigen.
Das Umweltministerium teilt außerdem mit, dass die Annahme des ORH, wonach der jährliche Verlust an Streuobstbäumen weiterhin ungebremst anhält, die Wirkung dieser Maßnahmen ausblende. Bei den Zielen des Streuobstpakts ergebe sich daher derzeit kein Korrekturbedarf. Einzelziele würden kontinuierlich angepasst und für eine effizientere Umsetzung modifiziert. Belastbare Erkenntnisse zum Rückgang der Streuobstbestände und zur Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen würden über Maßnahmen zu Erfassung und Monitoring begleitend erarbeitet und ggf. hinsichtlich erforderlicher Anpassungen bei Zielen und Planung zur Zielerreichung diskutiert.
Darüber hinaus geht das Landwirtschaftsministerium davon aus, dass der BdB zu seiner Zusage stehe, künftig ausreichend Bäume zu produzieren. Ab 2026 würden mindestens 100.000 Bäume jährlich zur Verfügung stehen. Dies entspreche der Projektzeitachse, wie sie im Zuge der „Arbeitsgruppe Streuobstpakt“ vereinbart worden sei. Lieferengpässe wie in 2024 dürften damit ausgeschlossen sein.
Das Landwirtschaftsministerium gibt zudem an, dass die Planbarkeit bei der Flächenförderung im Rahmen des Streuobstpakts sichergestellt werde.
Zu den unterschiedlichen Vorgaben in den Förderprogrammen erklären die Ministerien, dass diese derzeit zur weitgehenden Vereinheitlichung im Sinne des Bürokratieabbaus ressortübergreifend abgestimmt würden. Bei fachlich gebotenen Differenzierungen würden unterschiedliche Vorgaben bestehen bleiben. Einzelne Vorgaben seien bereits ab 2025 vereinheitlicht worden. Bei Zuwendungen für den Erhalt von Bäumen würden vom Umweltministerium neben der Stammhöhe keine weiteren Anforderungen an eine Biotopkartierung der Fläche mehr gestellt. Auch die Liste der förderfähigen Baumarten sei vereinheitlicht worden.
Zur Höhe der Förderbeträge teilen die Ministerien mit, dass die Pauschalen für Pflanzung und Pflege von Streuobstbäumen hinsichtlich Höhe und Voraussetzungen evaluiert würden. Sie würden entsprechend der Vergleichbarkeit und der fachlichen Notwendigkeit angepasst werden.
Zum Förderprogramm „Streuobst für alle!“ erklärt das Landwirtschaftsministerium, dass ein ministeriales Schreiben an die zuständigen Behörden mit Vorgaben zur Vor-Ort-Kontrolle in Vorbereitung sei. Die 45 €-Pauschale habe sich als einfaches und unbürokratisches Förderinstrument in der Praxis bewährt. Die Höhe der Pauschale erscheine angemessen.
Die vom ORH stichprobenartig geprüften 14 Förderfälle habe das Landwirtschaftsministerium einer erneuten Kontrolle unterzogen und z.T. die Förderungen zurückgefordert. Die von den Fördernehmern bzw. den zuständigen Behörden für den Fördervollzug verwendeten Unterlagen habe das Landwirtschaftsministerium überarbeitet. Beispielsweise seien die bei der Antragsbearbeitung durchzuführenden Kontrollen künftig mit Hilfe eines Prüfungsnachweises „Streuobst für alle!“ zu dokumentieren.
Der Vorschlag des ORH, die Obergrenze von 100 Bäumen pro Antrag aufzuheben und so Bürokratie im Fördervollzug abzubauen, werde aufgegriffen und umgesetzt.
Gemäß den Vorgaben der Staatsregierung zum Bürokratieabbau, im Sinne der effektiven und effizienten Zielerreichung des Streuobstpakts und unter Berücksichtigung der Empfehlungen des ORH seien 2024 bereits weitreichende Anpassungen zur Optimierung von Förderprogrammen, Vereinheitlichung von Fördervorgaben, Abbau bürokratischer Hürden und Implementierung von fachlichen Standards abgestimmt und vorbereitet worden. Diese Anpassungen würden 2025 im Rahmen der jeweiligen Förderprogramme umgesetzt werden.
42.5 Schlussbemerkung
Die Zielsetzung des Streuobstpakts bleibt u.a. aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von heimischem Pflanzgut sehr ambitioniert. Ob sich die Lücke zwischen den geplanten Pflanzungen und dem Zielwert für 2035 schließen lässt, ist offen. Denn bisher gibt es keine verlässlichen Daten, ob die Förderprogramme den im Streuobstpakt bezifferten jährlichen Verlust an Streuobstbäumen, wie von den Ministerien erwartet, verringern werden.
Die von den Ministerien angekündigten Angleichungen der Vorgaben für Pflanzung, Erhalt und Pflege von Streuobstbäumen in den vier Förderprogrammen sind ein erster richtiger Schritt. Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung empfiehlt der ORH zudem, die unterschiedlichen Förderprogramme und Zuständigkeiten grundlegend zu vereinheitlichen und bürokratische Hürden abzubauen.
[1] Bund Naturschutz in Bayern e.V., Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V., Bayerischer Bauernverband, Verband der Bayerischen Fruchtsaftindustrie, Bund deutscher Baumschulen (BdB) - Landesverband Bayern e.V., Bayerische Landschaftspflegeverbände, Bayerischer Landesverband für Gartenbau und Landespflege e.V., Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V.
[2] Bayerischer Streuobstpakt, abrufbar unter https://www.streuobstpakt.bayern.de/streuobstpakt_textfassung/index.html.
[3] 2022 bis 2035 (14 Jahre); bei Verlust von 100.000 Streuobstbäumen pro Jahr ergibt dies 1.400.000 Bäume.
[4] Berechnung: 2.240.815 Bäume geteilt durch 11,25 Jahre ergeben 199.184 Bäume pro Jahr.
[5] Berechnung: 20. Oktober bis 31. März ergeben 23 Wochen; 6 Arbeitstage pro Woche multipliziert mit 23 Wochen ergeben 138 Arbeitstage; 200.000 Bäume geteilt durch 138 Arbeitstage ergeben 1.449 Bäume. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Bäume üblicherweise nur gepflanzt werden, wenn der Boden frostfrei ist.
[6] Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz über die Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes, der Landschaftspflege sowie der naturverträglichen Erholung in Naturparken (Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinien - LNPR).
[7] Nr. 5.1.4.1 der Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Finanzierungsrichtlinien Ländliche Entwicklung (FinR-LE), in denen das Förderprogramm „Streuobst für alle!“ verankert ist.
[8] Nr. 5.4 Satz 2 LNPR.
[9] Von 457 zur Auszahlung angeordneten Anträgen (Stand: 24.01.2024)