TNr. 47 Besteuerung kommunaler Mandatsträger

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Kommunale Mandatsträger erhalten für ihr Ehrenamt eine Vergütung, die der Einkommensteuer unterliegt. In 58% der vom ORH geprüften Fälle wurde diese fehlerhaft besteuert. Als Hauptursachen sieht der ORH die unübersichtlichen Regelungen zu Frei- und Mindestbeträgen, eine mangelhafte Information der Mandatsträger über ihre steuerlichen Pflichten sowie die oft fehlenden und nicht einheitlichen Kontrollmitteilungen der Kommunen.

Nach Einschätzung des ORH beruht die fehlerhafte Besteuerung in aller Regel nicht auf mangelnder Steuerehrlichkeit. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass Mandatsträger in fast einem Drittel der fehlerhaft besteuerten Fälle zu viel Gewinn erklärt und versteuert haben.

Der ORH empfiehlt, bis zu den nächsten Kommunalwahlen 2026 Maßnahmen zu ergreifen, dass ehrenamtliche kommunale Mandatsträger ihren zusätzli­chen steuerlichen Pflichten ohne großen Aufwand und möglichst unbürokra­tisch nachkommen können.

Der ORH hat 2022/2023 in einer Querschnittsuntersuchung die Ordnungsmäßigkeit der Besteuerung von Kreisräten, Stadträten und Gemeinderäten (kommunale Mandatsträger) geprüft und örtliche Erhebungen bei neun Finanzämtern (FÄ) durchgeführt. Schwerpunkt war der Veranlagungszeitraum (VZ) 2020, das Jahr der letzten Kommunalwahl in Bayern.

47.1                        Ausgangslage

In jedem der 71 Landkreise und allen 2.056 Gemeinden ist ein kommunales Vertretungs­organ zu wählen. Bei der letzten Kommunalwahl am 15.03.2020 waren 37.190 Mandate zu vergeben. Die Vergütungen für die ehrenamtliche Tätigkeit in diesen Gremien regelt jede Kommune eigenständig durch Satzung. Diese betragen meist unter 100 € monatlich und können bei großen Städten bis in den niedrigen vierstelligen Bereich steigen.

Die Einnahmen als kommunaler Mandatsträger unterliegen - abgesehen von gewissen Freibeträgen - der Einkommensteuer und müssen jährlich gegenüber dem Finanzamt (FA) erklärt werden. Die Kommunen sind verpflichtet, gezahlte Vergütungen den FÄ als Kontroll­mitteilung (KM) zu melden.

47.2                        Feststellungen

47.2.1                     Einkommensteuerliche Regelungen

Die den kommunalen Mandatsträgern gewährten Vergütungen unterliegen als Gewinnein­künfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommen­steuer. Die Einkommensteuererklärung und die Gewinnermittlung sind deshalb verpflich­tend elektronisch an das FA zu übermitteln.[1]

Bis zu einer gewissen Höhe bleiben die erhaltenen Vergütungen gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG einkommensteuerfrei. Die Freibeträge legt das Finanzministerium im Benehmen mit dem Bundesfinanzministerium und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder abhängig von der Einwohnerzahl fest.[2] Bei ausgeschiedenen und neu gewählten Man­datsträgern sind die Freibeträge nur zeitanteilig monatsweise zu gewähren.[3] Dies ist ins­besondere in Wahljahren oder bei unterjährigen Umbesetzungen von Bedeutung.

Tabelle 70  Monatliche Freibeträge nach FMS
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Parallel dazu bleiben nach den LStR[4] aus Vereinfachungsgründen Vergütungen für kommunale Mandatsträger bis mindestens 250 € monatlich steuerfrei, auch wenn sie die in der vorgenannten Tabelle aufgeführten Beträge übersteigen.

Tabelle 71 Monatlicher Mindestbetrag nach LStR
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Die Mandatsträger haben ein Wahlrecht, ob sie die Frei- bzw. Mindestbeträge in Anspruch nehmen oder (ggf. höhere) tatsächliche Betriebsausgaben geltend machen. Eine Kombi­nation von beidem ist nicht zulässig.[5] Die Erstattung tatsächlich angefallener Reisekosten ist nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei, pauschale Fahrtkostenzuschüsse sind dagegen steuer­pflichtig, ebenso wie eine Technikpauschale oder eine Entschädigung für Nachteile im häuslichen Bereich.[6] Zahlungen für Verdienstausfall oder Zeitverlust sind immer steuer­pflichtig,[7] auch wenn die Frei- und Mindestbeträge nicht ausgeschöpft werden.

Mit dem kommunalen Mandat verbundene Zusatzeinnahmen etwa aus Aufsichts- und Ver­waltungsräten fallen nicht unter diese Befreiungen. Diese Einnahmen sind gesondert zu erklären.

47.2.2                    Veranlagung in den Finanzämtern

Der ORH untersuchte bei 735 Mandatsträgern 1.000 von den FÄ durchgeführte Veranla­gungen der VZ 2019 bis 2021.

32 Mandatsträger (4,4%) hatten ihre Einnahmen nicht erklärt, eine KM der Kommune lag bei diesen ebenfalls nicht vor. Ein FA veranlasste eine Meldung an die Bußgeld- und Straf­sachenstelle. Weitere 134 Veranlagungen waren für den ORH nicht abschließend prüfbar, da zwar Einkünfte erklärt waren, aber z.B. die Gewinnermittlung fehlte.

Von 834 abschließend prüfbaren Veranlagungen waren in 354 Fällen (42,4%) die Gewinne zutreffend veranlagt worden. In 480 Fällen (57,6%) wurde ein unzutreffender Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt. Die Abweichungen betrugen insgesamt 965.579 €, durchschnittlich 2.012 € je Fall. Bei einem Grenzsteuersatz von 30% beträgt die steuerliche Auswirkung geschätzt insgesamt 289.674 €, damit 603 € je Fall.

Von den 480 fehlerhaften Festsetzungen wurde in

  • 340 Fällen (70,8%) zu wenig Gewinn versteuert, insgesamt 783.702 €, 2.305 € durch­schnittlich je Fall, bei einer Bandbreite von 37 bis 22.414 € sowie in
     
  • 140 Fällen (29,2%) zu viel Gewinn versteuert, insgesamt 181.877 €, 1.299 € durch­schnittlich je Fall, bei einer Bandbreite von 10 bis 6.818 €.

Die Gründe für die fehlerhaften Festsetzungen waren vielfältig, z.B.:

  • Die Freibeträge wurden sowohl vonseiten der Steuerpflichtigen als auch deren Steuer­beratern unzutreffend erklärt, aber auch von der Steuerverwaltung überwiegend unzu­treffend veranlagt.
     
  • Die ab 2021 erhöhten Frei- und Mindestbeträge wurden nicht erklärt und veranlagt oder fehlerhaft bereits im VZ 2020 berücksichtigt.
     
  • Teilweise wurden anstelle der vorgesehenen Frei- und Mindestbeträge[8] der Übungs­leiterfreibetrag,[9] die niedrigere Ehrenamtspauschale,[10] gar keine oder doppelte Frei­beträge erklärt und veranlagt.
     
  • Neben den Frei- bzw. Mindestbeträgen wurden teilweise unzulässig Betriebsausgaben erklärt; pauschale Reisekostenerstattungen wurden fehlerhaft als steuerfrei behandelt.

Insbesondere bei erstmalig gewählten Mandatsträgern war die Veranlagung häufig fehler­haft.

47.2.3                    Mitteilungspflichten

Kommunen sind verpflichtet,[11] über die aus öffentlichen Kassen an die kommunalen Man­datsträger gezahlten Vergütungen KM an die zuständigen FÄ zu übersenden.[12] Die KM sind mindestens einmal jährlich, spätestens bis zum 30. April des Folgejahres an die Wohnsitzfinanzämter zu übersenden.[13] Ab 2025 müssen die Mitteilungen in elektronischer Form und unter Angabe der jeweiligen persönlichen Identifikationsnummer übermittelt wer­den.

Der ORH prüfte den Eingang der KM von sechs Landkreisen und 22 Städten[14] bei den FÄ. Bei den Kreisräten von 4 der 6 Landkreise lagen keine KM in den FÄ vor. Ein Land­ratsamt davon teilte den Kreisräten in einer Vergütungsbescheinigung (unzutreffend) mit, dass „die Zahlungen dem zuständigen Finanzamt bzw. der Oberfinanzdirektion gemeldet werden“. Bei den geprüften Stadträten von 13 der 22 Städte (59,1%) lagen den FÄ keine KM vor, überwiegend bei kleineren Städten. Von den 6 größten Städten in Bayern lagen bei zwei Städten für das Wahljahr 2020 keine KM vor.

Beispiel:

Eine neu gewählte Stadträtin erklärte nur in den Ergänzenden Angaben zur Einkommen­steuererklärung: „Die Einnahmen aus Stadtratstätigkeit wurden Ihnen laut MV mitgeteilt.“ Eine KM lag dem FA nicht vor. Eine Versteuerung unterblieb.

Das Landesamt für Steuern (LfSt) stellt auf seiner Internetseite ein Muster für eine KM zur Verfügung. Die von den Kommunen übermittelten KM wichen meistens von diesem ab und waren vielfältig. Teilweise wurden Steuerbescheinigungen oder Lohnabrechnungen über­sandt, teilweise wurden nicht alle Vergütungsbestandteile ausgewiesen. Bei einzelnen Kommunen wurden unzulässig bereits Freibeträge abgezogen, was zu Doppelberücksich­tigungen führte. Angaben zum Fraktionsvorsitz (doppelter Freibetrag) fehlten regelmäßig.

Beispiel:

Eine Kommune teilte dem FA jeweils nur einen Jahresbetrag mit, ohne auf darin enthalte­nes (steuerfreies) Wegegeld hinzuweisen. Die Differenzierung wurde nur dem Stadtrat mit­geteilt, was zu Differenzen, Rückfragen bzw. Einsprüchen führte.

47.3                        Würdigung und Empfehlungen

Die Besteuerung von kommunalen Mandatsträgern beschränkt sich in der Masse der Fälle nur auf zwei Werte: Die Einnahmen und die je nach Kommune unterschiedlichen Steuer­frei- und Mindestbeträge. Dennoch wurden 57,6% der vom ORH geprüften Fälle unzutref­fend besteuert.

Als Hauptursachen sieht der ORH die unübersichtlichen Regelungen zu unterschiedlichen, sich überlagernden Frei- und Mindestbeträgen, die mangelhafte Information der Mandats­träger über ihre steuerlichen Pflichten sowie die nicht einheitlichen KM der Kommunen.

Nach Einschätzung des ORH beruht die fehlerhafte Besteuerung in aller Regel nicht auf mangelnder Steuerehrlichkeit. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass Mandatsträger in fast einem Drittel der fehlerhaft besteuerten Fälle zu viel Gewinn erklärt und versteuert haben.

Dass die vorgeschriebenen KM von über der Hälfte der Kommunen in den FÄ nicht vorla­gen, also offenbar nicht übersandt worden waren, hält der ORH für nicht hinnehmbar.

Der ORH empfiehlt, die Mandatsträger, die Kommunen und die FÄ zielgenauer zu infor­mieren. Ein Merkblatt über die wesentlichen steuerlichen Rechte und Pflichten (FAQ) für neue Mandatsträger könnte die Erklärungsmängel und auch Nachteile für die Mandatsträ­ger vermindern.

Außerdem empfiehlt der ORH, für eine korrekte - ab 2025 zwingend elektronische - Über­mittlung von KM durch die Kommunen zu sorgen.

Im Interesse des Bürokratieabbaus und der Verwaltungsvereinfachung hält der ORH einen von der Einwohnerzahl unabhängigen, einheitlichen Freibetrag für sinnvoll. Mit Ausnahme der größten Kommunen lagen die allermeisten Aufwandsentschädigungen ohnehin unter den bestehenden Freibeträgen, etwaige Steuermindereinnahmen dürften daher sehr gering ausfallen. Die Erleichterungen im Steuervollzug wären dagegen erheblich: Die FÄ müssten nicht mehr für jeden Kommunalvertreter den für seine Kommune zutreffenden Freibetrag ermitteln. Um die Rechtslage bei der Besteuerung von kommunalen Mandats­trägern zu vereinfachen, sollte ggf. auch eine Initiative zur Erweiterung der Steuerfreiheit (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EstG) geprüft werden.

47.4                        Stellungnahme der Verwaltung

Zu den Mitteilungspflichten teilt das Finanzministerium mit, dass es mit dem Innenminis­terium ein Informationsschreiben an die Kommunen abstimme.

Zur fachlichen Unterstützung der FÄ seien verschiedene Anregungen aufgegriffen worden, der Leitfaden zur Bearbeitung dieser Fälle solle ergänzt werden. Ferner werde geprüft, wie die Freibeträge ämterspezifisch aufbereitet werden könnten und ob ein Merkblatt für die Kommunen und ehrenamtlichen Mandatsträger veröffentlicht werden könne.

Einer Vereinheitlichung der 1978 eingeführten Struktur und Staffelung der Freibeträge nach Einwohnerzahlen lägen Erhebungen zugrunde, die den Aufwand der Mandatsträger widerspiegeln sollen. Ob ein einheitlicher Betrag unter Einbeziehung des Innenministe­riums und der kommunalen Spitzenverbände gefunden werden könne, sei zweifelhaft. Zudem bedürfe eine Änderung des Einvernehmens des Bundesfinanzministeriums und der obersten Finanzbehörden anderer Länder und habe nach Einschätzung des Finanzminis­teriums keine Erfolgsaussichten.

47.5                        Schlussbemerkung

Die Kommunen sind auf die ehrenamtliche Mitarbeit ihrer gewählten Mandatsträger ange­wiesen. Es liegt daher auch im Interesse der Kommunen und des Staates, dass die ehren­amtlichen Mandatsträger ihren zusätzlichen steuerlichen Pflichten ohne großen Aufwand und möglichst unbürokratisch nachkommen können.

Dass 58% der geprüften Fälle fehlerhaft besteuert wurden, oftmals sogar zulasten der Mandatsträger, hält der ORH für nicht hinnehmbar. Der ORH empfiehlt, angesichts der 2026 bevorstehenden Kommunalwahl zeitnah folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Die Mandatsträger sollten umfassend und konkret über ihre steuerlichen Pflichten informiert werden und
     
  • die Kommunen sollten einheitliche, auf den Mustervorgaben des LfSt basierende Mit­teilungen an Mandatsträger und Finanzbehörden übersenden.

Zur Vereinfachung der Rechtslage bei der Besteuerung von kommunalen Mandatsträgern sollte das Finanzministerium eine Initiative zur Erweiterung der Steuerfreiheit prüfen.



[1]     § 25 Abs. 4 EStG i.V.m. § 60 Abs. 4 EStDV.

[2]     R 3.12 Abs. 3 Satz 10 Lohnsteuerrichtlinien (LStR); Bek. des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Steuerliche Behandlung der Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Vertretungsorgane gewährt werden vom 28.12.2012 (FMBl. 2013 S. 3),
zuletzt geändert durch Bek. vom 19.07.2021 (BayMBl. Nr. 540).

[3]     Anders als beim sogenannten Übungsleiterfreibetrag in § 3 Nr. 26 EStG (Jahresbetrag).

[4]     R 3.12 Abs. 3 LStR.

[5]     § 3c Abs. 1 EStG, R 3.12 Abs. 4 LStR.

[6]     Art. 20a Abs. 2 Nr. 3 GO.

[7]     § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG.

[8]     § 3 Nr. 12 EStG.

[9]     § 3 Nr. 26 EStG.

[10]    § 3 Nr. 26a EStG.

[11]    Gemäß § 93a AO.

[12]    Einzelheiten sind in der Mitteilungsverordnung (MV) geregelt sowie in ergänzenden Schreiben des Bundes­finanzministeriums.

[13]    § 10 MV.

[14]    Bei der weit überwiegenden Zahl der (kleineren) Kommunen übersteigen die Einnahmen der Mandatsträger die Freibeträge i.d.R. nicht. Auf eine weitere Auswertung kleinerer Gemeinden wurde nach den ersten Erhebungen bei FÄ mangels steuerlicher Auswirkung verzichtet