TNr. 49 Bayerische Staatsgüter

Beitragsbild 2025 TNr. 49
© Bayerische Staatsgüter

Die Bayerischen Staatsgüter sind ein Unternehmen für Forschungs- und Bil­dungsaufgaben im Bereich der Landwirtschaft mit 26 Standorten in Bayern, 500 Gebäuden, 2.800 ha landwirtschaftlicher Flächen sowie umfangreichem Tierbestand. Sie wurden bei der Neustrukturierung der Landesanstalt für Landwirtschaft 2020 ausgegliedert.

Das Landwirtschaftsministerium versäumte im Gründungsprozess wichtige strukturelle Anpassungen. Insbesondere übertrug es den Bayerischen Staats­gütern nicht benötigte Liegenschaften, die eine erhebliche finanzielle Last für das neue Unternehmen darstellen.

Bislang wurde das Potenzial, die landwirtschaftlichen Liegenschaften des Freistaates effizienter zu bewirtschaften, noch nicht ausgeschöpft. Der ORH empfiehlt, die erforderliche Aufgabenkritik nachzuholen, auf dieser Basis den Bedarf an Liegenschaften zu ermitteln und den Investitions- und Sanie­rungsstau zeitnah anzugehen.

Der ORH hat gemeinsam mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Regensburg und Würzburg von November 2021 bis Juli 2023 die Bayerischen Staatsgüter (BaySG) geprüft. Schwerpunkte der Prüfung waren die übertragenen Aufgaben, der Investitionsbedarf bei den Liegenschaften und die Betriebsergebnisse.

49.1                        Ausgangslage

Der Freistaat verfügt über Liegenschaften (landwirtschaftliche Flächen sowie Gebäude), mit denen er Forschungs- und Bildungsaufgaben im Agrarbereich erfüllt. Teile dieser Lie­genschaften bewirtschaftete seit 2003 die „Abteilung Versuchsbetriebe“ der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), eine dem Landwirtschaftsministerium nachgeord­nete Behörde. Die Abteilung hatte rd. 300 Mitarbeiter an 26 Standorten.

Die Staatsregierung beschloss 2017 eine Umstrukturierung der LfL. Aufgaben im Ver­suchswesen, Dienstleistungen im Bereich der angewandten Forschung sowie die Bil­dungsaufgaben sollte ein neuer Träger übernehmen. Dazu wurden durch Ausgliederung der „Abteilung Versuchsbetriebe“ im Januar 2020 die BaySG gegründet.

Die BaySG sind ein kaufmännisch eingerichteter Staatsbetrieb[1] mit Sitz in Grub und den drei Geschäftsfeldern „Landwirtschaftlicher Betrieb“, „Versuchswesen“ und „Bildung“. Sie unterliegen der Rechts- und Fachaufsicht des Landwirtschaftsministeriums und beschäf­tigten 2023 rd. 340 Mitarbeiter. Die Standorte umfassen 500 Gebäude sowie u.a. 2.800 ha landwirtschaftliche Fläche. Der Bestand der BaySG umfasste 2023 u.a. 2.000 Schweine-, 1.200 Rinder-, 220 Pferde- sowie 7.500 Geflügelplätze (Stand: Dezember 2023).

Gemäß der Gründungsbekanntmachung bewirtschaften die BaySG „sämtliche landwirt­schaftlichen Betriebe“ im Geschäftsbereich des Landwirtschaftsministeriums, d.h. die agrarischen Liegenschaften der ehemaligen „Abteilung Versuchsbetriebe“ der LfL. Sie hal­ten dafür Versuchs- und Bildungsressourcen vor. Die BaySG sind im Versuchswesen Dienstleister für die LfL und die angewandte Forschung sowie im Bildungswesen Dienst­leister für die überbetriebliche Aus- und Fortbildung im Agrarbereich. Die BaySG-Bildungs­angebote umfassen sowohl staatliche Pflichtleistungen im Bereich der Berufsausbildung als auch freiwillige Leistungen wie Fortbildungen für Landwirte.

49.2                        Feststellungen

49.2.1                     Bei Gründung der Bayerischen Staatsgüter übertragene Aufgaben

Das Landwirtschaftsministerium beauftragte 2016 ein Gutachten, mit dem die Umstruktu­rierung der LfL insbesondere im Hinblick auf rechtliche und steuerliche Fragen vorbereitet werden sollte. Dieses Gutachten empfahl zur Neuausrichtung der „Abteilung Versuchs­betriebe“ die Gründung eines kaufmännisch eingerichteten Staatsbetriebs, dessen Aufga­ben auf Basis von Unternehmenszielen festgelegt werden sollten. Denn davon hinge ab, in welchem Umfang Personal und sonstige Ressourcen auf den neuen Betrieb zu übertra­gen seien. Laut Gutachten sei es nicht zielführend, sämtliche Aufgaben zu übertragen, die an den bisherigen Standorten der „Abteilung Versuchsbetriebe“ wahrgenommen würden.

In der Ministerratsbehandlung 2017 kündigte das Landwirtschaftsministerium eine Aufga­benkritik an der LfL an. Diese verfolge das Ziel, bestimmte Aufgaben der bisherigen Stand­orte aufzugeben, zu privatisieren, neu zu gestalten oder zu verlagern.

Zudem sollte die „Abteilung Versuchsbetriebe“ in einen kaufmännisch eingerichteten Staatsbetrieb umgewandelt werden. Dieser verspreche eine verbesserte Wirtschaftlichkeit gegenüber der bisherigen Organisationsform, wobei die Gewinnorientierung nicht im Vor­dergrund stehe. Er diene der Forschung der LfL und solle eine führende Bildungseinrich­tung in der Landwirtschaft sein.

In einer weiteren Ministerratsbefassung vom Juni 2019 definierte das Landwirtschaftsmi­nisterium Unternehmensziele für die BaySG: Sie sollten eine effiziente und qualitativ hoch­wertige Versuchsdurchführung sicherstellen sowie zielgruppengerechte Bildung anbieten. Der landwirtschaftliche Betrieb der BaySG sollte den notwendigen Rahmen für diese Auf­gaben zur Verfügung stellen und ein neutrales Betriebsergebnis erreichen.

Die BaySG verfügen über Zentren mit dem Schwerpunkt Versuchswesen[2] sowie Zentren mit dem Schwerpunkt Bildung[3] an den insgesamt 26 Standorten in Bayern. Entgegen den Empfehlungen des Gutachtens führte der neue Staatsbetrieb alle Aufgaben der „Abteilung Versuchsbetriebe“ mit allen Liegenschaften fort. Die Aufgabenkritik führte das Landwirt­schaftsministerium nicht durch.

49.2.2                    Liegenschaften

Zum Stichtag 01.01.2020 wurde das Bauwesen für die 500 Gebäude sowie deren Bewirt­schaftung auf die BaySG übertragen. Das Landwirtschaftsministerium versprach sich hier­von insbesondere eine einheitliche Investitionsplanung über alle Standorte hinweg sowie Effizienzgewinne. Der Zustand der Gebäude wurde vorab nicht erfasst.

Nach Aussage der BaySG habe es keine vollständige Liste der Gebäude gegeben, die ihnen bei der Gründung überlassen worden war. Auch eine aktuelle Aufstellung aller Grundstücke habe zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen. Weder BaySG noch Landwirt­schaftsministerium prüften die Daten auf Vollständigkeit oder forderten die vollständigen Daten etwa bei der Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) an.

Mit Gründung der BaySG endete die Betreuung der übertragenen Liegenschaften durch die bis dahin zuständigen sechs Staatlichen Bauämter (StBÄ). Diese übermittelten dem neuen Unternehmen die jeweiligen Unterlagen zu den Gebäuden in unterschiedlicher Qua­lität und Form (in Papier oder digital). Noch im Juli 2023 teilten die BaySG dem ORH mit, dass sie die von den StBÄ erhaltenen Unterlagen aufgrund fehlender personeller und fachlicher Kapazitäten nur teilweise sichten konnten. Die BaySG haben eine Baukoordination eingerichtet. Stand Juni 2023 waren 4,5 der 5,5 dafür geplanten Stellen besetzt.

Mit Gründung der BaySG endete auch der Zugriff auf die Fachdatenbank Hochbau (FDH) der Bauverwaltung des Freistaates. In dieser sind die Liegenschaften mit dem Gebäude­bestand sowie dazugehörigen Einstufungen wie etwaigem Denkmalschutz erfasst. Darü­ber hinaus haben die BaySG keinen Zugriff auf das Bayerische Liegenschaftsinforma­tionssystem (BayLIS) der IMBY. In diesem Informationssystem sind alle Objekte des Frei­staates u.a. mit Adress- und Nutzungsdaten erfasst. Über eine Datenbank, die der FDH oder dem BayLIS entspricht, verfügen die BaySG nicht. Darüber hinaus haben sie kein digitales Managementsystem für ihre Liegenschaften eingerichtet, in dem Zustandsdaten der Immobilien und baulich notwendige Veränderungen erfasst werden können.

Laut den BaySG sei es eine große Herausforderung, die zuvor von den StBÄ übernom­menen Aufgaben selbst fortzuführen. Der Aufwand, das komplette Bauwesen eigenverant­wortlich zu erledigen, sei bei den Gründungsentscheidungen wohl unterschätzt und der erforderliche Bedarf an Arbeitskräften nicht ermittelt worden. Es sei zudem nicht aus­reichend bedacht worden, dass die externe Baubegleitung eines Vorhabens ebenfalls Kapazitäten binde. Die notwendigen Vergabeverfahren und das z.T. erforderliche Zurück­greifen auf Generalplaner und -unternehmer hätten Zusatzaufwand erzeugt und daher nicht zu der erhofften Entlastung geführt.

49.2.3                    Investitionsbedarf

Im Juli 2016 schätzte die LfL den Bedarf für geplante Investitionen in Gebäude der „Abtei­lung Versuchsbetriebe“ auf 144 Mio. €.

Als das Landwirtschaftsministerium den Ministerrat 2017 mit der BaySG-Gründung befasste, nannte es einen Investitionsbedarf von 80 Mio. € für die kommenden zehn Jahre. Die Finanzierung sollte künftigen Haushaltsverhandlungen vorbehalten bleiben. Zugleich wies es darauf hin, dass ausreichende Mittel zur Finanzierung des Sanierungs-, Instand­haltungs- und Modernisierungsrückstands die Voraussetzung für ein leistungsfähiges Ver­suchs- und Bildungswesen der BaySG seien. Das Landwirtschaftsministerium teilte dem ORH mit, dass es sich bei den angegebenen 80 Mio. € um eine Schätzung gehandelt habe, die nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt gewesen sei.

Bei der Ministerratsbefassung im Juni 2019 zur Gründung der BaySG nannte das Landwirt­schaftsministerium erneut die Summe von 80 Mio. € und sprach von einem „Sanierungs­stau“. Die Etablierung einer überzeugenden Musterlandwirtschaft an allen Standorten setze erhebliche Investitionen in die Tierhaltung, Technik, Arbeitswirtschaft und für Demon­strationsprojekte voraus.

Im Juli 2022 erstellten die BaySG anlässlich einer Begehung der Standorte für das Land­wirtschaftsministerium eine Übersicht von dringenden Vorhaben. Diese enthielt 29 Bau­maßnahmen mit Bruttokosten von 45 Mio. €, darunter z.B. der Neubau eines Legehen­nenstalls auf dem Staatsgut Kitzingen mit Kosten von 5,4 Mio. €. Alle Positionen dieser Übersicht enthielten den Hinweis, dass für die jeweilige Maßnahme keine Finanzmittel vor­handen seien.

Eine im Dezember 2022 von den BaySG erstellte weitere Liste wies 52 Bauvorhaben aus. Neben 12 abgeschlossenen Maßnahmen, 24 laufenden Maßnahmen und 2 Maßnahmen ohne Statusangabe waren darin 14 Maßnahmen als „gestoppt“ gekennzeichnet.

Im Juli 2023 legten die BaySG dem ORH eine dritte Liste vor, die Gebäudeinvestitionen enthielt, die man von 2022 bis 2027 als notwendig ansah. Dort war in Summe ein Finanzbe­darf von 77 Mio. € verzeichnet, zudem ein pauschaler jährlicher Finanzbedarf für Bau­unterhalt von 1,5 Mio. € für 2022 bis 2026 sowie von 3,5 Mio. € für 2027.

Bei dieser dritten Liste handelte es sich nach Angaben der BaySG nicht um eine abschließende Aufzählung des Investitionsbedarfs an allen BaySG-Standorten. Beispielsweise ist ein noch im Juli 2022 erfasster Sanierungsbedarf der Pferdeställe und Reithallen am Staatsgut Schwaiganger mit geschätzten Kosten von über 6,5 Mio. € nicht enthalten. Eine vollständige Übersicht über die aus Sicht der BaySG erforderlichen Baumaßnahmen exi­stiert bis heute nicht.

Der ORH nahm an vier ausgewählten BaySG-Standorten[4] die Gebäude in Augenschein. Beispiele für Sanierungsbedarf sind u.a.:

  • Staatsgut Kitzingen
    Hier befindet sich ein Versuchs- und Bildungszentrum für Geflügelhaltung. Die BaySG führen dort u.a. überbetriebliche Kurse für Auszubildende und die Fortbildung zum Tier­wirtschaftsmeister in der Fachrichtung Geflügelwirtschaft durch. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums komme „dem Staatsgut Kitzingen […] als bundesweit ein­ziger Standort in diesem Zusammenhang eine herausragende Bedeutung zu.“
    Der Legehennenstall (Baujahr 1964, vgl. Abbildungen 21 und 22) entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Auch der Elterntierstall ist stark sanierungsbedürftig: Bereits im Juni 2013 hielt das Landwirtschaftsministerium eine Sanierung für nicht sinnvoll und stattdessen einen Neubau für notwendig. Die BaySG identifizierten nach Angaben vom März 2023 bei den Stallgebäuden „Gefahr für Leib und Leben, Verstöße gegen Umweltauflagen“ sowie die „mangelnde Beachtung von aktuellen Tierwohlvorgaben“. Seit 2020 investierten die BaySG 58.000 € in die Ertüchtigung des Legehennenstalls. Der Neubau des Legehennenstalls habe für die BaySG am Staatsgut Kitzingen oberste Priorität; es müssten jedoch die Finanzmittel bereitgestellt werden.
    Die BaySG-Liste über geplante Gebäudeinvestitionen für 2022 bis 2027 enthielt Maß­nahmen in Kitzingen mit geschätzten Kosten von 10,85 Mio. €, in denen u.a. der Neu­bau des Legehennenstalls enthalten ist.[5]

Abbildung 24 Kitzingen: Legehennenstall
© ORH
Abbildung 25 Kitzingen: Elterntierstall
© ORH
  • Staatsgut Schwaiganger
    Das Haupt- und Landgestüt Schwaiganger ist das Bildungszentrum für Pferdehaltung und Reiten in Bayern.
    Zum Teil erfüllen die Stallungen nicht mehr die Anforderungen an eine moderne Pferde­haltung. Beispielsweise unterschreitet nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums die Breite der Stallgassen den derzeit empfohlenen Wert. Bei seinen örtlichen Erhebun­gen stellte der ORH fest, dass die Mittelpfeiler in den Stallgassen eine Unfallgefahr darstellen und dass Wände sowie Decken z.T. von Schimmel befallen sind (vgl. Abbildungen 26 und 27).

Abbildung 26 Schwaiganger: Pferdestall mit Mittelpfeiler (Unfallgefahr)
© ORH
Abbildung 27 Schwaiganger: Pferdestall mit Schimmelbefall
© ORH

Die Gebäude sind aufgrund ihres Zustands z.T. nur eingeschränkt nutzbar. Bei einem besteht ein Betretungsverbot für den Dachboden, das Erdgeschoss wird als Garage für Landmaschinen genutzt (vgl. Abbildung 28). Auch die Fassade eines Stallgebäudes hat sichtbare Schäden (vgl. Abbildung 29).

Abbildung 28 Schwaiganger: Garagennutzung unter beschädigter Decke
© ORH
Abbildung 29 Schwaiganger: Schäden an der Außenfassade
© ORH

Zum Zeitpunkt der BaySG-Gründung waren 95% der Anlagen und Gebäude auf die­sem Staatsgut älter als 20 Jahre. Neun der 48 Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Umbau bzw. Erhalt dieser Gebäude seien lt. BaySG entscheidend davon abhängig, ob den BaySG die Kosten dafür erstattet würden, da sie unternehmerisch tätig seien. Sollte keine Nachnutzung für den Bestand oder ein Kompromiss beim Umbau gefunden wer­den, wäre man gezwungen, weitere Gebäude zu sperren.

49.2.4                    Nicht benötigte Liegenschaften

Für die Aufgabenerfüllung nicht benötigte Liegenschaften sind dem Allgemeinen Grundver­mögen zuzuführen.[6] Dessen Bewirtschaftung obliegt der IMBY.[7] Zu Mietwohnungen hat der Ministerrat in Umsetzung des Landtagsbeschlusses vom 23.06.2009 festgelegt, dass reine Wohnobjekte aller Epl. künftig von den staatlichen Wohnungsunternehmen verwaltet und bewirtschaftet werden. Nur noch Wohnungen in Dienstgebäuden sollen auch künftig von den Ressorts selbst verwaltet und bewirtschaftet werden.

Vor der Gründung der BaySG bewertete das Landwirtschaftsministerium nicht, welche Lie­genschaften der „Abteilung Versuchsbetriebe“ für die BaySG-Aufgaben benötigt bzw. nicht benötigt würden.

Beispielsweise vermieten die BaySG Wohnungen an Dritte. Die Verwaltung und Bewirt­schaftung dieser Wohngebäude bindet nach Angaben der BaySG Ressourcen und verur­sacht zusätzliche Kosten.

Darüber hinaus gibt es Wirtschaftsgebäude und sonstige Immobilien, die zur Erfüllung der Aufgaben nicht (mehr) nutzbar sind, aber laufende Kosten verursachen. Die BaySG konn­ten die Höhe dieser Kosten nicht für alle Liegenschaften beziffern; es würde auch das Per­sonal fehlen, um vertieft zu prüfen, welche Immobilien nicht benötigt werden.

Bei seinen Erhebungen an den vier Standorten stellte der ORH beispielsweise folgende nicht benötigte Gebäude fest:

  • Staatsgut Schwaiganger:
    Die Sägemühle am Mühlbach ist eine Ruine (vgl. Abbildung 30) und kann für die Aufga­ben der BaySG nicht genutzt werden. In ihrem Zustand stellt sie eine Gefährdung dar; die Fachbehörden drängen auf eine Sanierung. Für die geschätzten Sanierungskosten von mehr als 200.000 € stehen bisher keine Haushaltsmittel zur Verfügung. Die Kosten für die lt. Wasserwirtschaftsverwaltung ebenfalls erforderliche Sanierung der zugehöri­gen Stauanlage am Mühlbach (vgl. Abbildung 31) sind noch offen. Die Stauanlage hat keinen Nutzen für die agrarischen Aufgaben der BaySG.

Abbildung 30 Schwaiganger: Sägemühle
© Bayerische Staatsgüter
Abbildung 31 Schwaiganger: Stauanlage an der Sägemühle
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  • Staatsgut Achselschwang:
    Hier befindet sich das Versuchs- und Bildungszentrum für Rinderhaltung.
    Das Staatsgut verfügt neben den Rinderställen über eine Reitanlage mit vier Pferde­ställen, zwei Reithallen, einem Reitplatz und mehreren Weideflächen. Die BaySG benö­tigen diese Reitanlage für ihre Aufgaben nicht. Sie ist an Dritte verpachtet.
    Teil des Staatsguts sind außerdem 18 Gebäude mit insgesamt 54 Wohnungen. Davon stehen sechs leer, zwei sind aufgrund des baulichen Zustands unbewohnbar, die übri­gen sind vermietet (davon 15 Wohnungen an Externe). Die Vertragsverhältnisse bestanden bereits vor Gründung der BaySG (z.T. seit 1982).
  • Staatsgut Freising, Versuchsstation Karolinenfeld:
    An diesem Standort führen die BaySG Versuche zur landwirtschaftlichen Nutzung von Moorböden durch. Die dortigen Rinderställe mit rd. 150 Kälber- bzw. Jungviehplätzen sowie die Schweineställe mit 480 Mast- und Zuchtschweineplätzen stehen dauerhaft leer, da sie lt. BaySG nicht für Aufgaben der BaySG genutzt werden könnten. Der Rück­bau der Gebäude sei bisher u.a. an den fehlenden Haushaltsmitteln gescheitert. Die nach wie vor bestehenden Ammoniakemissionen und die Belastung des verwendeten Holzes mit Schadstoffen aus Holzschutzmitteln verhinderten eine Verwendung durch Dritte.
    Am Standort Karolinenfeld prüfen die BaySG nach eigenen Angaben, welche Flächen und Gebäude für die Weiterentwicklung des Moorversuchsgutes genutzt werden kön­nen.

49.2.5                    Finanzierung und Betriebsergebnisse

Die BaySG sollen lt. Landwirtschaftsministerium ein neutrales Betriebsergebnis im Geschäftsfeld „Landwirtschaftlicher Betrieb“ erzielen. Ob dieses Ziel erreicht wird, konnte der ORH nicht feststellen, da sich das kaufmännische Rechnungswesen der BaySG noch im Aufbau befindet. Daher können für die einzelnen Geschäftsfelder bislang keine abge­grenzten Betriebsergebnisse ausgewiesen werden. Insgesamt erzielten die BaySG 2020 bis 2023 einen kumulierten Fehlbetrag von 2,84 Mio. €.

Durch die neue Organisationsform sollten zudem Effizienzpotenziale gehoben und Syner­gien nutzbar gemacht werden, um Mittel für die lt. Landwirtschaftsministerium „dringend benötigten Modernisierungsmaßnahmen“ zu gewinnen. Die BaySG verkauften 2020 sowie 2021 nicht mehr benötigte Maschinen und Geräte und erzielten daraus Erträge von insge­samt 800.000 €.

Für Dienstleistungen in den Geschäftsbereichen Versuchswesen und Bildung erhalten die BaySG vom Freistaat u.a. pauschale Erstattungszahlungen sowie Investitionszuschüsse. 2020 bis 2023 beliefen sich diese Zahlungen auf 107,3 Mio. €.[8] Der größte Teil entfiel auf die pauschalen Erstattungszahlungen, die 2020 bis 2023 in Summe 91,8 Mio. € betrugen.

49.3                        Würdigung und Empfehlungen

Aus Sicht des ORH ist es nicht akzeptabel, dass das Landwirtschaftsministerium auf die geplante Aufgabenkritik im Vorfeld der Gründung der BaySG verzichtet hat. Sie wäre ziel­führend und nötig gewesen, um insbesondere zu entscheiden, welche Liegenschaften für die verbleibenden Aufgaben erforderlich sind. Hierzu war das Landwirtschaftsministerium nach Haushaltsrecht ohnehin verpflichtet.

So übernahmen die BaySG ineffiziente Strukturen, die erhebliche Ressourcen binden. Zudem schränken diese Strukturen die finanziellen Spielräume für notwendige Investitio­nen in die Versuchs- und Bildungsinfrastruktur der BaySG ein.

Die Neuorganisation des Bauwesens ohne Beteiligung der staatlichen Bauverwaltung hat sich bislang nicht bewährt. Das Landwirtschaftsministerium hat es versäumt, vor der BaySG-Gründung eine umfassende Bestandsaufnahme der Liegenschaften durchzufüh­ren. Vorhandene Daten in den staatlichen Fachdatenbanken werden nicht genutzt. Damit fehlt auch die Grundlage für eine effiziente und zielgerichtete Tätigkeit der Baukoordina­tion.

Der erhebliche Investitionsstau ist eine schwere Last für die BaySG. Der ORH hält es für ein Versäumnis, dass das Landwirtschaftsministerium dazu vor der Gründung keine belast­baren Zahlen ermittelt hat. Die Erhebungen des ORH zeigen, dass die BaySG ihre Aufga­ben in den z.T. dringend sanierungsbedürftigen Ställen nicht dem Stand der Technik ent­sprechend erfüllen können. Eine Finanzierung der bei den BaySG notwendigen Investi­tionen aus Überschüssen des Geschäftsfeldes „Landwirtschaftlicher Betrieb“ dürfte unter den derzeitigen Rahmenbedingungen auf absehbare Zeit kaum erreichbar sein.

Die aufgezeigten Defizite sollten zeitnah angegangen werden, damit die mit der Einrichtung des Staatsbetriebs angestrebten Ziele erreicht werden können. Der ORH empfiehlt hierzu,

  • die erforderliche Aufgabenkritik nachzuholen,
     
  • auf dieser Basis den Bedarf an Liegenschaften zu ermitteln und
     
  • den Investitions- und Sanierungsstau zeitnah anzugehen.

49.4                        Stellungnahme der Verwaltung

49.4.1                     Übertragene Aufgaben

Das Landwirtschaftsministerium sieht die Feststellungen des ORH zur Aufgabenkritik als zutreffend an. Die BaySG hätten von ihm nach der ORH-Prüfung den Auftrag erhalten, als Dienstleister die Aufgaben im Bereich des Versuchswesens für die LfL durchzuführen. Darüber hinaus seien die von den BaySG durchgeführten Bildungsmaßnahmen durch das Landwirtschaftsministerium überprüft worden. Daraus resultierend sei im Januar 2024 eine entsprechende schriftliche Beauftragung der BaySG erfolgt. Zukünftig werde zwischen dem Landwirtschaftsministerium und den BaySG einmal jährlich förmlich eine detaillierte Jahresplanung zum Bildungswesen festgelegt.

49.4.2                    Liegenschaften

Laut Landwirtschaftsministerium stelle der Bereich Bauwesen eine große Herausforderung für die BaySG dar. Eine Rückkehr zur staatlichen Bauverwaltung sei aufgrund der Rechts­form der BaySG nicht möglich. Es sei geplant, die übertragenen Liegenschaften in BayLIS zu erfassen. Auch die durch die praktische Tätigkeit gewonnene Erfahrung dieser „jungen“ Organisationseinheit lasse hoffen, dass hier fortlaufend Verbesserungen einträten. Die aktuellen Erfahrungen mit einer Reihe von wichtigen Baumaßnahmen würden zeigen, dass der Bereich Bauwesen bei einer Fokussierung auf die auch politisch bedeutsamen Groß­projekte operabel sei. Die Baukoordinierung habe angesichts der knappen Ressourcen bestmöglich die Aufgaben der Bauämter übernommen und zwischenzeitlich zahlreiche Großprojekte umgesetzt.

49.4.3                    Investitionsbedarf

Das Landwirtschaftsministerium erklärt, dass die BaySG in den ersten drei Jahren seit ihrer Gründung mit dem Aufbau der notwendigen Overhead-Strukturen und der Kapazitätsbil­dung im Baubereich befasst gewesen seien. Gleichzeitig seien wichtige, unaufschiebbare Investitionen, wie z.B. die Errichtung eines Kälberstalls in Achselschwang und der Umbau eines denkmalgeschützten Gebäudes in ein Internat in Schwaiganger, in Angriff genom­men worden.

Für die Erfassung des notwendigen Sanierungsbedarfs der den BaySG überlassenen Lie­genschaften seien deshalb bisher keine freien Kapazitäten vorhanden gewesen. Sie wäre zudem aus Sicht der BaySG vor dem Hintergrund des dynamischen Baumarkts und der hohen Inflationsraten nicht sinnvoll gewesen.

Die BaySG hätten sich daher und aufgrund der knappen Personalressourcen auf die Wei­terentwicklung derjenigen Liegenschaften konzentriert, die für die Aufgabenerfüllung prio­ritär seien und für die es einen realistischen Finanzierungsplan gegeben habe. Das Land­wirtschaftsministerium halte daran fest, dass reine „Vorratsplanungen“ von Investitionen ohne eine realistische Umsetzungsperspektive einen unnötigen Mehraufwand ohne kon­kreten Nutzen darstellen würden.

Vorrangig für die BaySG seien nach wie vor die baulichen Anlagen in den Bereichen Ver­suchswesen und Bildung. Die Mängel auf dem Staatsgut Schwaiganger seien bekannt und es würden die konkreten Planungen, diese Mängel in Abhängigkeit der zur Verfügung gestellten Ressourcen sukzessive abzustellen, laufen.

Darüber hinaus nehme das Landwirtschaftsministerium die Feststellungen des ORH ver­stärkt zum Anlass, entsprechend der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln Abhilfemaßnah­men zu ergreifen.

Hinsichtlich der genannten Investitionsbeträge sei lt. Landwirtschaftsministerium zu beach­ten, dass deren Qualität und Aussagekraft variieren würden, da sie aus verschiedenen Kontexten stammen würden. Eine grobe Kostenschätzung für ein Bauvorhaben lasse sich nicht unmittelbar mit Zahlen vergleichen, die beispielsweise in der Planungsphase eines konkreten Projekts präzise ermittelt würden. Das Landwirtschaftsministerium sei sich grundsätzlich bewusst, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei. Nach wie vor müssten Zeit und Ressourcen investiert werden, um die BaySG weiter voranzubringen.

49.4.4                    Nicht benötigte Liegenschaften

Laut Landwirtschaftsministerium sei geplant, nicht erforderliche Liegenschaften an die IMBY bzw. StadiBau[9] abzugeben und den Sanierungsbedarf für die verbleibenden, not­wendigen Liegenschaften zu erheben, um die Erhaltungsinvestitionen sukzessive vorzu­nehmen. Diese Aufgabe werde allerdings erfahrungsgemäß eine längere Zeit beanspru­chen. Sanierungsbedürftige Objekte könnten lt. Landwirtschaftsministerium grundsätzlich nicht ohne Sanierung abgegeben werden.

49.4.5                    Finanzierung und Betriebsergebnisse

Das Landwirtschaftsministerium erklärt, dass der landwirtschaftliche Betrieb angesichts seiner für die Bildung und das Versuchswesen dienenden Funktion sowie den zunehmen­den besonderen gesellschaftlichen Anforderungen an einen Staatsbetrieb nach den bisherigen Erfahrungen der BaySG kein ausgeglichenes oder gar positives Betriebsergeb­nis liefern könne.

Angesichts der kurzen Zeitspanne seit Gründung der BaySG seien lt. Landwirtschaftsmi­nisterium bereits erhebliche Fortschritte u.a. in der Finanzverwaltung erzielt worden: Es sei ein kaufmännisches Rechnungswesen etabliert worden, das durch unabhängige Stel­len geprüft und dessen ausreichende Funktionsfähigkeit bestätigt worden sei.

49.5                        Schlussbemerkung

Bislang wurde das Potenzial, die landwirtschaftlichen Liegenschaften des Freistaates effi­zienter zu bewirtschaften, noch nicht ausgeschöpft. Dass die BaySG ihre Tätigkeit ohne eine vorherige inhaltliche Aufgabenkritik aufgenommen haben, stellt ein erhebliches Ver­säumnis dar. Der ORH empfiehlt, die erforderliche Aufgabenkritik nachzuholen, auf dieser Basis den Bedarf an Liegenschaften zu ermitteln und den Investitions- und Sanierungsstau zeitnah anzugehen.



[1]     Nettobetrieb im Sinne von Art. 26 Abs. 1 BayHO.

[2]     Achselschwang, Grub, Schwarzenau/Kitzingen und Freising.

[3]     Almesbach, Kringell, Schwaiganger und Spitalhof.

[4]     Achselschwang, Almesbach, Kitzingen und Schwaiganger.

[5]     Davon entfielen 5,7 Mio. € auf den Legehennenstall-Neubau und 5,15 Mio. € auf die Generalsanierung des Internats.

[6]     VV 6.2 zu Art. 64 BayHO.

[7]     VV 3.3.1 zu Art. 64 BayHO.

[8]     Im Einzelnen: 23,75 Mio. € (2020); 26,06 Mio. € (2021), 28,93 Mio. € (2022) sowie 28,58 Mio. € (2023).

[9]     Gesellschaft für den Staatsbedienstetenwohnungsbau in Bayern mbH