TNr. 50 Kostensteigerungen bei Straßenbauvorhaben

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Bei drei vom ORH geprüften großen Bauvorhaben an Staatsstraßen stiegen die Baukosten von insgesamt 34 auf 90 Mio. €. Die Vorhaben wurden 2,2- bis 4,5-fach so teuer wie geplant. Ursachen der Kostensteigerungen waren auch Defizite in Planung und Kostenermittlung sowie fehlende Kostendisziplin.

Planungsdefizite und nicht belastbare Kostenberechnungen erschweren die zutreffende Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Bauvorhaben und eine effi­ziente Steuerung der Ressourcen.

Der ORH empfiehlt, die Qualität der Planungen und insbesondere die Belast­barkeit der Kostenberechnungen deutlich zu erhöhen und Kostendisziplin zu gewährleisten.

Der ORH hat 2022/2023 gemeinsam mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Augsburg, Regensburg und Würzburg die Kostenentwicklung von Bauvorhaben an Staats­straßen in den Regierungsbezirken Oberbayern, Niederbayern und Schwaben geprüft. Er hat hierzu drei größere Vorhaben ausgewählt, die zwischen 2019 und 2021 fertiggestellt wurden. Ziel der Prüfungen war insbesondere die Ermittlung von Ursachen für Kostenstei­gerungen. Prüfungsmaßstab waren Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit staatlichen Handelns.

50.1                        Ausgangslage

Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen dürfen erst veran­schlagt werden, wenn Pläne, Kostenermittlungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrich­tungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind.[1]

Die Staatlichen Bauämter (StBÄ) müssen die haushaltsrechtlich erforderlichen Planunter­lagen für ihre Straßenbauvorhaben (Vorentwurf) einheitlich nach Entwurfsrichtlinien[2] erstellen. Anhand des Vorentwurfs wird die Planung fachlich beurteilt, insbesondere hin­sichtlich der verkehrspolitischen Ziele, der rechtlichen und technischen Vorgaben sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Wenn die Kosten über den vom Bauministerium festgelegten Vorlagegrenzen[3] liegen, ist der Vorentwurf der zuständigen Regierung (Prüfung) und dem Bauministerium (Genehmi­gung) vorzulegen. Die Kosten sind vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und vor Einstellung in den Haushalt zu überprüfen (Kostenprüfstationen). Ergeben sich im Pla­nungs- und Bauverlauf wesentliche Abweichungen[4] zum genehmigten Vorentwurf, ist unverzüglich eine Fortschreibung zu erstellen und über die Regierung die Zustimmung des Bauministeriums einzuholen (Kostenfortschreibung). Größere Bauvorhaben sind im Aus­bauplan für Staatsstraßen enthalten; Voraussetzung für die Aufnahme ist u.a. ein Nutzen-Kosten-Verhältnis größer 1.

Bereits im ORH-Bericht 2023 hatte der ORH auf erhebliche Kostensteigerungen bei Stra­ßenbauvorhaben hingewiesen.[5] Der Ausbauplan für Staatsstraßen 2011 bis 2020 umfasste 253 Vorhaben der 1. Dringlichkeit mit durchschnittlichen Gesamtkosten von 1,9 Mio. €/km. Tatsächlich lagen die Gesamtkosten der bis Ende 2020 fertiggestellten 153 Vorhaben bei durchschnittlich 2,9 Mio. €/km. Die Gesamtkosten der Ende 2020 geplanten Vorhaben betrugen durchschnittlich bereits 4,0 Mio. €/km und waren somit mehr als doppelt so hoch wie im Ausbauplan.

50.2                        Feststellungen

Um die Ursachen für Kostensteigerungen im Staatsstraßenbau näher zu untersuchen, ermittelte der ORH die sechs teuersten Vorhaben, die zwischen 2019 und 2021 fertigge­stellt wurden (Tabelle 72):[6]

Tabelle 72 Baukostenentwicklung der sechs teuersten von 2019 bis 2021 fertiggestellten Bauvorhaben an Staatsstraßen (ohne Grunderwerb) (Mio. €)
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Die Summe der Baukosten aller sechs Vorhaben erhöhte sich zwischen Vorentwurf und Fertigstellung von 47,3 auf 131,7 Mio. €; das ist eine Steigerung auf 278%. Aus den sechs Vorhaben wählte der ORH die beiden Vorhaben mit der höchsten bzw. niedrigsten prozen­tualen Kostensteigerung sowie eines mit mittlerer Kostensteigerung zur Prüfung aus (in Tabelle 72 farbig hinterlegt). Deren Baukosten erhöhten sich von insgesamt 34,3 auf 90,3 Mio. €, das ist eine Steigerung auf 263%. Die Vorentwürfe von zwei der drei geprüften Vorhaben wurden von Ingenieurbüros im Auftrag der StBÄ erstellt.

50.2.1                    Kostenentwicklung

Abbildung 32 zeigt für die drei geprüften Vorhaben die geplanten Baukosten lt. Vorentwurf, die Kostensteigerungen, die sich aufgrund der Baupreisentwicklung[7] im jeweiligen Zeit­raum ergeben hätten und die tatsächlichen Kosten bis Fertigstellung:

Abbildung 32 Baukostenentwicklung von Vorentwurf bis Fertigstellung (Mio. €)
© ORH

Die Baukosten der drei geprüften Vorhaben stiegen zwischen Vorentwurf und Fertigstel­lung auf 217 bis 447%, somit auf das 2,2- bis 4,5-fache. Die Preisindizes für Straßenbau bzw. Brücken im Straßenbau stiegen in den jeweiligen Zeiträumen auf etwa 120 bis 160%, somit auf das 1,2- bis 1,6-fache. Die Baupreissteigerung allein hätte jeweils zu deutlich niedrigeren Fertigstellungskosten geführt:

  • 4,0 Mio. € für den Knotenumbau Hepberg bei 25% Preissteigerung; die Fertigstel­lungskosten waren 10,3 Mio. € höher.
     
  • 14,5 Mio. € für die Ortsumgehung Adelsried bei 22% Preissteigerung; die Fertigstel­lungskosten waren 11,3 Mio. € höher.
     
  • 30,7 Mio. € für die Ortsumgehung Plattling bei 60% Preissteigerung; die Fertigstel­lungskosten waren 19,5 Mio. € höher.

Neben den Baukosten hat sich auch die Summe der Grunderwerbskosten der drei Vorha­ben von 2,2 Mio. € (Kostenansätze Vorentwurf) auf 7,0 Mio. € (tatsächliche Ausgaben) mehr als verdreifacht.

50.2.2                    Ursachen für Kostensteigerungen

Kostensteigerungen zwischen Vorentwurf und Fertigstellung können verschiedene Ursa­chen haben. Eine Ursache ist die Baupreisentwicklung im Straßenbau. Zudem können ins­besondere im Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens Erweiterungen des Vorhabens notwendig werden, die während der Erstellung des Vorentwurfs noch nicht berücksichtigt waren. Weitere und teilweise vermeidbare Kostensteigerungen ergeben sich aus Pla­nungsdefiziten bzw. Planungsänderungen, bei der Bauvorbereitung, Bauausführung oder im Grunderwerb. Solche teilweise vermeidbaren Kostensteigerungen gab es auch bei den drei geprüften Vorhaben.

Knotenumbau Hepberg (Staatsstraßen 2335/2229)

Der Planfeststellungsbeschluss für den Knotenumbau erging 2015; die Bauarbeiten liefen von 2018 bis 2020. Nach dem Vorentwurf (2009) schrieb das Bauamt die Kosten dreimal fort (2015, 2018 und 2021). Bis zur Fertigstellung stiegen die Kosten im Vergleich zum Vorentwurf auf das 4,5-fache, von 3,2 auf 14,3 Mio. €.

Laut Vorentwurf sollte eine Böschung für 600.000 € mit Gabionen (mit Gestein befüllte Drahtkörbe) gestützt werden. Während der Bauvorbereitung änderte das Bauamt zur Ver­kürzung der Bauzeit die Konstruktion in eine zweireihige Stützwand aus speziellen Beton­fertigteilen mit zusätzlicher Verblendung aus Naturstein. Aufgrund von Zusagen beim Grunderwerb war abweichend vom Planfeststellungsbeschluss eine weitere dritte Stütz­wandreihe erforderlich, sodass die Stützwand schließlich 3,8 Mio. € kostete.

Für die Anpassung eines Kanals und einer Wasserleitung trug das Bauamt knapp 1,8 Mio. € Baukosten und 170.000 € Planungs- und Bauleitungskosten. Nach Auffassung des ORH müssten die Versorgungsunternehmen die Folgekosten für die notwendige Anpassung von Kanal und Wasserleitung tragen. Das Bauamt versucht seit November 2023, die Kosten nachträglich einzufordern.

Für die Bauzeit war eine örtliche Verkehrsumlegung über Behelfsfahrbahnen im Baube­reich gemäß Planfeststellung eingerichtet und eine großräumige überörtliche Umleitung empfohlen. Über die Planfeststellung hinaus errichtete das Bauamt in Abstimmung mit der Gemeinde für 400.000 € eine provisorische Umfahrung des Ortes auf teilweise bestehen­den Wegen. Da die Gemeinde das Provisorium weiter als Ortsumfahrung behalten wollte, wurde es zunächst nicht rückgebaut. Das Bauamt verpflichtete sich bis 2030, etwaige Rückbaukosten von weiteren 230.000 € zu übernehmen. Zwischenzeitlich ist das Proviso­rium nicht mehr durchgängig befahrbar.

Ortsumgehung Adelsried (Staatsstraße 2032)

Die Ortsumgehung Adelsried wurde 2015 planfestgestellt und zwischen 2017 und 2020 gebaut. Nach dem Vorentwurf (2011) schrieb das Bauamt die Kosten zweimal fort (2015, 2021). Die Kosten haben sich zwischen Vorentwurf und Fertigstellung mehr als verdoppelt.

Vier Jahre nach Vorentwurfsgenehmigung waren die geplanten Baukosten um 6,1 Mio. € gestiegen. Das Bauamt begründete dies mit zusätzlichen Kosten für Entsorgung von pech­haltigem Material und Müllablagerungen, Bodenverbesserungen, Mengenmehrungen bei einem Regenrückhaltebecken sowie Änderungen von Brücken und Stützwänden.

Laut der nach Fertigstellung vorgelegten 2. Kostenfortschreibung (2021) erhöhten sich die Baukosten um weitere 7,8 Mio. €. Ursachen waren neben der Baupreisentwicklung im Wesentlichen Änderungen der Ausführungsplanung sowie Zusatzkosten für Entwässe­rung, Ausstattung und einen Schutzzaun für Fledermäuse. Kostensteigerungen im Brü­ckenbau ergaben sich durch teurere Fundamente infolge detaillierter Bodenuntersuchun­gen. 1,3 Mio. € Mehrkosten entstanden durch eine zusätzliche Grundwasserwanne für die Unterführung der Staatsstraße.

Nach Planfeststellung und Baubeginn gab das Bauamt 2018 auf Forderung Dritter und in Abstimmung mit Bauministerium und Regierung die Umplanung einer Kreuzung in Auftrag. Die Umplanung sah eine zusätzliche Brücke vor. Die geänderte Planung hätte lt. Kosten­berechnung 4,1 Mio. € gekostet, etwa das Vierfache der genehmigten Planung. Die teurere Variante wurde letztlich nicht gebaut, weil u.a. eine notwendige Grundstücksfläche nicht erworben werden konnte. Die Kosten für die Umplanung betrugen 220.000 €, ohne Perso­nalaufwand des Bauamts.

Ortsumgehung Plattling (Staatsstraße 2124)

Die Ortsumgehung Plattling wurde 2010 planfestgestellt; die Bauarbeiten liefen von 2012 bis 2021. Nach dem Vorentwurf (2005) schrieb das Bauamt die Kosten dreimal fort (2008, 2015 und 2020); die Baukosten stiegen auf mehr als das 2,5-fache.

Die Kosten für die Querung eines Betriebsgeländes seien lt. Bauamt wesentlich zu niedrig angenommen und erst in der Ausführungsplanung bzw. beim Bau erkannt worden. Nach den Erhebungen des ORH betragen die Mehrkosten mindestens 11,8 Mio. €. Bei der zwei­ten Kostenfortschreibung äußerte die 2016 zuständige Oberste Baubehörde (OBB) Zweifel an Planungsqualität und Trassenführung. Laut OBB wären mit detaillierten Planungen ggf. durch Hinzuziehung von Fachplanern die kostenintensiven Besonderheiten im Bereich des Betriebsgeländes unter Umständen frühzeitig erkennbar und ggf. weitere Alternativen prüf­bar gewesen.

Der Vorentwurf sah den Neubau der Isarbrücke in Stahl-/Spannbeton für 9,0 Mio. € vor. In Abstimmung zwischen OBB und Bauamt (2013) wurde stattdessen eine Stahlbogenbrücke gebaut, deren Bauzeit sich aufgrund technischer Probleme erheblich verzögerte. Die Bau­kosten der Brücke gab das Bauamt zuletzt mit 29,5 Mio. € an (3. Kostenfortschreibung 2020). Gründe für die Kostensteigerung seien lt. Bauamt, dass sich erst bei der Ausarbei­tung der Planfeststellungsunterlagen die speziellen baufachlichen Anforderungen an die Brücke und die wesentlichen Einschränkungen im Bauablauf herausgestellt hätten. Die Entscheidung, eine Stahlbogenbrücke zu bauen, habe das ursprünglich als sehr kosten­günstig geschätzte Bauwerk erheblich verteuert.

50.3                        Würdigung und Empfehlungen

Die Vorentwürfe für Straßenbauvorhaben müssen sorgfältig erstellt und die Kostenberech­nungen belastbar sein, um die Wirtschaftlichkeit zutreffend beurteilen und die Ressourcen insgesamt effizient steuern zu können.

50.3.1                     Kostenentwicklung

Die Fertigstellungskosten der drei geprüften Vorhaben sind 2,2- bis 4,5-fach so hoch wie im jeweiligen Vorentwurf. Die Prüfung hat erneut bestätigt, dass die Kostenberechnungen zu den Vorentwürfen größerer Straßenbauvorhaben i.d.R. erheblich unter den Abrech­nungskosten liegen und damit nicht belastbar sind. Wesentliche Kostensteigerungen wur­den erst während der Bauausführung erkannt, beziffert und zur Genehmigung vorgelegt.

Ein sorgfältig erstellter Vorentwurf mit belastbarer Kostenberechnung ist notwendige Voraussetzung für eine zutreffende Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Straßenbauvor­haben. Bei erheblichen Kostensteigerungen von Vorhaben des Ausbauplans ist zu prüfen, ob das Nutzen-Kosten-Verhältnis weiterhin größer 1 und somit die Wirtschaftlichkeit bestä­tigt ist. Anderenfalls sind Möglichkeiten zur Kostenreduzierung bis hin zur Beendigung des Vorhabens zu prüfen. Solche Korrekturen sind umso schwieriger und unrealistischer, je weiter ein Vorhaben planerisch oder gar baulich fortgeschritten ist, bis Kostensteigerungen erkannt werden.

Generell erheblich zu niedrige Kostenansätze und -berechnungen führen dazu, dass mehr Vorhaben geplant werden, als realistischerweise finanzierbar sind. Die Planungen für nicht zeitnah realisierbare Straßenbauvorhaben müssen häufig - ggf. auch mehrfach - plane­risch aktualisiert werden; das verbraucht unnötig Haushaltsmittel und bindet Personalres­sourcen.

50.3.2                    Ursachen für Kostensteigerungen

Bei den geprüften Vorhaben hatte die Baupreisentwicklung nur einen untergeordneten Anteil an den Baukostensteigerungen zwischen Vorentwurf und Fertigstellung. Wesent­liche Ursachen für die nachträgliche Erhöhung der Kosten waren auch Defizite in den Vor­entwurfsplanungen. Die Qualität der Vorentwürfe und der darin enthaltenen Kostenberech­nungen war unzureichend.

Zudem haben die StBÄ beim Grunderwerb und während der Bauvorbereitung bzw. Bau­ausführung Entscheidungen getroffen, die zu nicht zwingenden Abweichungen vom genehmigten Vorentwurf und erheblichen Mehrkosten führten. Insbesondere Planungsän­derungen, die zu Mehrkosten führen, sind nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Anderenfalls verstoßen sie gegen die Haushaltsgrundsätze der Notwendigkeit (Art. 6 BayHO) sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 BayHO).

50.3.3                    Empfehlungen

Das Kostenvolumen aller geplanten Bauvorhaben an Staatsstraßen muss sich an den voraussichtlich verfügbaren Haushaltsmitteln orientieren. Voraussetzung für diesen Abgleich ist, dass die in den einzelnen Vorentwürfen berechneten Kosten belastbar sind. Planung und Kostenberechnung müssen daher sorgfältig erarbeitet und ausreichend detailliert sein, um alle wesentlichen Kostenbestandteile mit realistischen Ansätzen abzu­bilden.

Um die erforderliche Qualität zu erreichen, ist eine wirksame Kontrolle notwendig, die Defi­zite bei Planung und Kostenberechnung der Vorentwürfe zuverlässig erkennt und Korrek­turen rechtzeitig ermöglicht. Der ORH hält es zudem für erforderlich, das Kostenbewusst­sein aller Beteiligten in Verwaltung und beauftragten Ingenieurbüros zu erhöhen und die Kostendisziplin sowohl bei der Planung, als auch während der Bauausführung deutlich zu verbessern. Bauministerium, Regierungen und StBÄ sollten konsequent auf die Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in der Straßenplanung achten.

Zudem empfiehlt der ORH, in die Kostenangaben zum Vorentwurf zusätzlich auch die anhand statistischer Erhebungen abschätzbaren Baupreissteigerungen bis zur voraus­sichtlichen Fertigstellung des Vorhabens aufzunehmen. Er hält es außerdem für zweckmä­ßig, dort auch Ansätze für die zwar nicht konkret absehbaren, aber erfahrungsgemäß mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintretenden Kostenrisiken zu berücksichtigen. Diese sollten für das jeweilige Vorhaben ermittelt und begründet werden.

Kostentreue bei staatlichen Bauvorhaben ist aus Sicht des ORH nicht allein haushalts­rechtlich geboten. Regelmäßige Steigerungen auf ein Mehrfaches der geplanten Kosten schaden auch dem Vertrauen der Bürger in die staatliche Bauverwaltung.

50.4                        Stellungnahme der Verwaltung

Aus Sicht des Bauministeriums zeichne die Darstellung des Jahresberichts mitunter ein einseitiges Bild der Sachverhalte. Inhaltlich werde kaum auf den vorangegangenen Schrift­wechsel und das bereits Veranlasste eingegangen. Ausbauplankosten, Vorentwurfskosten und erstmalig veranschlagte Haushaltsmittel würden schon aufgrund der bei großen Pro­jekten langen Planungsphasen mehr oder weniger voneinander abweichen - unabhängig von Preissteigerungen. Die vom ORH dargestellten Kostensteigerungen seien nicht um unvermeidbare und durch den Vorhabenträger nicht beeinflussbare Preissteigerungen bereinigt worden. Diese Zahlen seien aus diesem Grund zu hoch und negativ seitens des ORH dargestellt. Mehrere nicht planbare oder nicht vorhersehbare Kostenentwicklungen könnten im Vorentwurf nicht oder allenfalls nur schätzungsweise berücksichtigt werden.

Zu den drei vom ORH geprüften Maßnahmen weist das Bauministerium darauf hin, dass die Vorlage der Kostenfortschreibungen sach- und zeitgerecht erfolgt und weder bei der Prüfung noch der Genehmigung dem Grunde nach beanstandet worden sei. Der Aussage des ORH, wonach die Vorentwurfskosten nicht belastbar seien, werde widersprochen. Viel­mehr seien die geprüften und genehmigten Kosten eines Vorentwurfs belastbar - aber eben für den genehmigten Zeitpunkt.

Das Bauministerium räumt ein, dass es aus heutiger Sicht zweifelsohne ein Defizit sei, im Vorentwurf nur die Kosten in der jeweils aktuellen Höhe zu prüfen und zu genehmigen. Um bereits im Vorentwurf die mögliche Kostenzusammensetzung und damit die Kostenent­wicklung abzudecken, sollten die Wirtschaftlichkeits- und Nutzen-Kosten-Betrachtungen auf die gesamten Projektkosten, bestehend aus Bau-, Risiko- und Indexkosten, abgestellt werden. Die Staatsbauverwaltung habe dafür bereits ein Pilotprojekt auf Bundesebene durchgeführt. Im nächsten Schritt würden die gewonnenen Erkenntnisse in weitere Pilot­projekte im Bereich der Staatsstraßen einfließen und darauf aufbauend die weitere Umset­zung erfolgen.

50.5                        Schlussbemerkung

Bereits im Jahresbericht 2023 hatte der ORH auf erhebliche Kostensteigerungen bei Stra­ßenbauvorhaben hingewiesen. Bei drei vom ORH nun genauer geprüften großen Bauvor­haben stiegen die Baukosten zwischen Vorentwurf und Fertigstellung von insgesamt 34 auf 90 Mio. €, somit auf das 2,2- bis 4,5-fache. Ursachen der Kostensteigerungen waren neben möglicherweise unvorhersehbaren Kostenentwicklungen jedenfalls in erheblichem Umfang auch Defizite in Planung und Kostenermittlung sowie fehlende Kostendisziplin.

Planungsdefizite und nicht belastbare Kostenberechnungen erschweren die zutreffende Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Straßenbauvorhaben und eine effiziente Steuerung der Ressourcen. Das Bauministerium will die Kostenberechnungen verbessern und Erkenntnisse aus Pilotvorhaben auch bei den Staatsstraßen umsetzen.

Der ORH empfiehlt, die Qualität der Planungen und insbesondere die Belastbarkeit der Kostenberechnungen deutlich zu erhöhen und Kostendisziplin zu gewährleisten.



[1]     Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayHO.

[2]     Richtlinien des Bundes zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau (RE 2012); seit 2013 von den StBÄ in Bayern anzuwenden; ersetzen die „Richtlinien für die Gestaltung von einheitlichen Entwurfsunterlagen im Straßenbau“ (RE 1985).

[3]     Seit 04/2019: Vorlage Streckenentwürfe über 5 Mio. € an Regierung und Bauministerium.

[4]     Zum Beispiel Änderungen bei Querschnitt, Linienführung, Knotenpunkten und insbesondere Gesamtkosten.

[5]     ORH-Bericht 2023 TNr. 57.

[6]     Grundlage: Projektsteuerungsprogramm des Bauministeriums zur „Maßnahmenvisualisierung und Steuerung von Straßenbauvorhaben“ (MaViS) der Bauverwaltung.

[7]     Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung; Langfristige Baupreisentwicklungen im Stra­ßenbau bzw. für Brücken im Straßenbau